Renzi bereitet sein Comeback vor
Italien. Der erst im Dezember zurückgetretene Ex-Premier will sich am Sonntag zum Parteichef wählen lassen, um sich dann gleich in den Wahlkampf zu stürzen. Derzeit versucht er, mit Brüssel-Bashing zu punkten – und bringt damit die Regierung Gentiloni in
Rom/Wien. Das Schlamassel mit der Alitalia hat Paolo Gentiloni gerade noch gefehlt. Als ob Italiens Premier nicht genug um die Ohren hätte: Die kriselnden Wirtschaft, mühsame Verhandlungen mit Brüssel wegen zu hoher Ausgaben, marode Banken, eine außer Kontrolle geratenen Migrationswelle, die immer erfolgreicheren, fundamentaloppositionellen „Grillini“mit ihren Neuwahlforderungen – und jetzt lehnt die Belegschaft der nationalen Fluglinie auch noch seinen Rettungsplan ab.
Nicht einmal die eigene Partei lässt Gentiloni in Ruhe arbeiten. Denn während der Premier sich mit all den Mammutstrukturproblemen Italiens herumplagt, befinden sich seine Linksdemokraten in einer Dauerwahlkampffehde. Die Show dominiert derzeit wieder der erst im Dezember zurückgetretene Ex-Regierungschef Matteo Renzi. Er verkündet lautstark sein Comeback und Neuwahlen. Die Regierung muss dann stets beruhigend konterkarieren, dass der Urnengang nicht vor dem geplanten Termin 2018 stattfinden und dass man ganz bestimmt nicht mit diesem Wahlgesetz ein neues Parlament wählen wird. Die Regelung ist auf ein reformiertes Zweikammersystem zugeschnitten. Diese Reform wurde in einem Referendum im Dezember abgelehnt.
Renzi, 42-jähriger Shootingstar der italienischen Linken, hat ja nach nicht einmal zwei Jahren in der Regierung das Handtuch geworfen, nachdem die Mehrheit der Italie- ner seine Verfassungsreform blockiert haben. Der Rückzug ins Privatleben währte nicht lang, ebenso wenig sein Schweigen. Der Ex-Premier war schnell wieder der Alte, drängte sich in den Mittelpunkt, präsentierte sich als einziger möglicher Retter Italiens.
Der „dämliche EU-Stabilitätspakt“
Seine Strategie: Erst will Renzi den Vorsitz der Partei zurückerobern. Stichtag dafür ist Sonntag: Da stellt er sich Vorwahlen, an denen alle Italiener teilnehmen können. Seine Chancen sind nicht schlecht, die Gegenkandidaten gelten als schwach. Zudem ist er seine allerschlimmsten Rivalen los: Die gewerkschaftsnahe, innerparteiliche Opposition hat sich nach jahrelangen, zermürbenden Familienfehden inzwischen abgespaltet. Die „alte Garde“war es auch, die Renzis Reformelan gebremst hat.
Renzi hofft, mit einer neu aufgestellten Partei bei den Regionalwahlen im Juni gegen die EU-kritische Bewegung des Komikers Beppe Grillo zu punkten. Damit wäre diesem Kalkül zufolge der Weg in Richtung Regierungspalast so gut wie geebnet – mit oder ohne neues Wahlgesetz. Ob dann wirklich so schnell gewählt wird, wie Renzi sich das wünscht, wird sich zeigen. Im Wahlkampfmodus befindet der Ex-Premier jedenfalls schon längst. Dabei setzt er strategisch auf gepfeffertes Brüssel-Bashing, wettert etwa gegen den „dämlichen EU-Stabilitätspakt“, spricht süffisant von einem „Europa, das nicht mehr funktioniert“. Lieblingsfeindin ist die „dominante“deutsche Kanzlerin, „la Merkel“, die ja „nur deutsche Banken retten will“. Diese Verbalsalven bringen Gentiloni und seinen Wirtschaftsminister, Pier Carlo Padoan, immer wieder in die peinliche Situation, in Brüssel versichern zu müssen, dass sich Italien sehr wohl an die Brüsseler Sparauflagen halten wird.
Das macht Renzi wenig aus. Er setzt inzwischen auch auf einen indirekten Wahlkampfhelfer in Paris: „Bravo, Macron: Jetzt beginnt die wahre Herausforderung, die auch Italien betrifft. Gemeinsam vorwärts!“, sagte er erfreut über den Erfolg des französischen Präsidentschaftskandidaten. „Wir wollen kein Europa, das über Defizite streitet, wir werden die Wirtschaftspolitik ändern.“