Unterricht nur bis 13 Uhr
Bildung. An zwei Tagen pro Woche muss der Unterricht in Ganztagsschulen künftig bereits um 13 Uhr enden. Danach gibt es nur noch Betreuung. So sieht es ein Gesetzesentwurf der Regierung vor. Nach Kritik soll dieser aber überarbeitet werden.
Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass der Unterricht in Ganztagsschulen an zwei Tagen um 13 Uhr endet.
Wien. Der Ausbau der Ganztagsschule war für die Regierung in den vergangenen Jahren so etwas wie ein politisches Mantra – wobei die Regierungsparteien stets sehr unterschiedliche Zugänge hatten. Der ÖVP war die Wahlfreiheit zwischen Halb- und Ganztagsschule wichtig. Die SPÖ wollte hingegen die „echte Ganztagsschule“forcieren. Damit sind jene Schulen, in denen das Kind nicht einfach früher abgeholt werden kann, weil sich Unterricht und Freizeit den ganzen Tag hindurch abwechseln, gemeint.
Genau diese „echten Ganztagsschulen“sollen nun aufgeweicht – und etwas weniger echt – werden. Der Unterricht soll in Ganztagsschulen an zwei Tagen pro Woche bereits um 13 Uhr enden. Danach soll es nur noch Betreuung geben. Das sieht der Gesetzesentwurf zum Schulautonomiepaket vor. Bis jetzt. Denn nach Widerstand dürfte das Bildungsministerium diese Passage noch einmal etwas abändern.
„Die Presse“hat sich die Pläne und ihre Auswirkungen auf Schüler und Eltern angesehen.
1 Was soll laut Gesetzesentwurf in Ganztagsschulen geändert werden?
Unterrichts- und Lernzeiten dürfen in Ganztagsschulen an Freitagen sowie an einem weiteren Wochentag, den sich der Direktor selbst aussuchen kann, nur noch bis 13 Uhr stattfinden. Danach findet zwar noch eine Nachmittagsbe- treuung statt, aber eben kein Unterricht mehr. So sieht es der Entwurf vor. Es dürfte aber noch Änderungen geben. (siehe Punkt 4).
2 Weshalb steht der Gesetzesentwurf in der Kritik?
Durch die Vorgabe, dass der Unterricht an zwei Tagen nur bis 13 Uhr dauern darf, wird die Grundidee der echten Ganztagsschule ad absurdum geführt. Eine Abwechslung von Unterricht und Freizeit ist dadurch nämlich kaum noch möglich. An den zwei kurzen Unterrichtstagen sowieso nicht. Auch an den restlichen drei Tagen ist eine Abwechslung zwischen Unterricht und Freizeit schwierig. Dafür gibt es dann nämlich nicht mehr genügend Freizeitstunden. Die werden bereits an den zwei freien Nachmittagen verbraucht. Die Kritik der Lehrer war angesichts dessen programmiert. Die Wiener Pflichtschullehrer warnen in ihrem Begutachtungsentwurf vor „einem extremen Qualitätsverlust von ganztägig geführten Schulen“und einer „qualitativen Verschlechterung“. Die Schulautonomie, die ja eigentlich ausgebaut werden soll, gehe dadurch „zu 100 Prozent verloren“.
3 Weshalb soll der Unterricht nur noch bis 13 Uhr dauern dürfen?
„Das ist der unglückliche Versuch, mehr Flexibilität hineinzubringen“, sagt der oberste Pflichtschullehrergewerkschafter Paul Kimberger. So unrecht dürfte er in diesem Fall nicht haben. Tatsächlich wollte die Regierung mit dieser Änderung für mehr Flexibilität sorgen. Durch den ausschließlichen Vormittagsunterricht an zwei Tagen wollte man für Eltern die Möglichkeit schaffen, ihr Kind zumindest an zwei Tagen in der Woche früher abholen zu können. Das sei der Wunsch vieler El- tern gewesen, heißt es im Bildungsministerium von Sonja Hammerschmid (SPÖ) sowie im Staatssekretariat von Harald Mahrer (ÖVP). Nach anhaltender Kritik gestanden beide Ressorts Mittwoch Nachmittag auf Anfrage der „Presse“ein, dass der Versuch, für mehr Flexibilität zu sorgen, in diesem Punkt nicht geglückt sei. Sowohl das Bildungsministerium als auch das Staatssekretariat stellten eine Abänderung des Entwurfs in Aussicht.
4 Wie soll die Neuregelung nun tatsächlich aussehen?
Ganz fallen soll die Vorgabe nicht. Am Freitag wird in allen Ganztagsschulen definitiv früher Schluss sein. Der Unterricht soll nur bis 13 Uhr dauern. Damit können Schüler und Lehrer schon früher ins Wochenende gehen. Für jene, die das nicht wollen, wird es eine Nachmittagsbetreuung geben. Darüber, ob es auch an einem zweiten Tag nur bis 13 Uhr Unterricht geben wird, sollen künftig aber die Schulen selbst entscheiden. Man will auch das in die viel zitierte Schulautonomie verpacken.
AUF EINEN BLICK
Ganztagsschulen. Derzeit gibt es zwei Formen von Ganztagsschulen. Jene, in denen der Unterricht am Vormittag stattfindet und am Nachmittag Betreuung angeboten wird. Und jene, die als „echte“Ganztagsschulen bezeichnet werden. Hier wechseln sich Unterricht und Freizeit den ganzen Tag hinweg ab.