„Firmengründung per Handy am Straßenrand“
Notarentage. Dass Gesellschaftsgründungen künftig online möglich sein sollen, begeistert die Notare nicht. Aber auch ein Rechtsprofessor ist skeptisch – vor allem wegen der innerhalb der EU sehr unterschiedlichen Sicherheitsstandards.
Die Digitalisierung beschäftigt – wie berichtet – zunehmend auch die Juristen. Bei den Europäischen Notarentagen, die am 20. und 21. April in Salzburg stattfanden, war sie ebenfalls ein Thema. Vor allem ging es um einen Aspekt, der (künftige) Unternehmer mehr freut als die Notare: Dass nämlich gesellschaftsrechtliche Maßnahmen – auch Firmengründungen, für die man derzeit noch einen Notariatsakt braucht – künftig online vorgenommen werden können.
Nicht von ungefähr luden die Notare zu ihrem Gedankenaustausch auch Peter Kindler ein. Er ist Professor für Handels- und Gesellschaftsrecht an der Uni München – und von Onlinegründungen nicht restlos begeistert. Es gebe dabei einige Gefahren, sagt er zur „Presse“, und auch Widersprüche zu anderen Bestrebungen der EU. So werden etwa Transparenzregister angelegt, um die wirtschaftlich Berechtigten, die hinter Kapitalgesellschaften stehen, zu identifizieren und dadurch Steuerflucht und Geldwäsche zu erschweren. „Online ist das aber nicht in gleicher Weise möglich.“
In einigen EU-Ländern sind Online-Gründungen schon möglich, mit unterschiedlichen Sicherheitsstandards und zum Teil auch ohne persönliche Identifikation der handelnden Personen. Schlusslicht in Sachen Sicherheit sei ausgerechnet Estland, das sich „als Digitalisierungs-Spitzenreiter sieht“, sagt Kindler. In Großbritannien wiederum gelang Journalisten eine Firmengründung unter falschen Namen. „Sie haben gezeigt, dass das System nicht wasserdicht ist.“
Jedes EU-Land muss aber Onlinegründungen aus allen anderen Mitgliedstaaten anerkennen. Etwa in Österreich oder Deutschland könnten somit Unternehmen aktiv werden, „die irgendwo am Straßenrand per Smartphone gegründet wurden“, sagt der Jurist. Für Aktivitäten am Rand der Legalität könnte man sich gezielt einen Registerstandort mit niedrigen Standards aussuchen. Auch EU-Bestrebungen für mehr Verbraucherschutz würden konterkariert: Gegenüber windigen Onlinegesellschaften seien Verbraucherrechte faktisch kaum durchsetzbar.
In einem Land mit niedrigen Standards zu gründen und dann anderswo tätig zu werden, ist freilich auch für die Gesellschafter riskant: Denn für Gesellschaften, die ihren Satzungs- und Verwaltungssitz in unterschiedlichen Mitglied- staaten haben, zählt laut EuGH das Insolvenzrecht des Staates, in dem sich der effektive Verwaltungssitz befindet. „Damit sind Gesellschaften, die im EU-Ausland etwa mit einem geringeren Mindestkapital gegründet wurden, aber in Österreich tätig sind, in Österreich voll zur Rechenschaft zu ziehen“, sagt Kindler.
Onlinegründungen wird es auch in Österreich bald geben – ab dem kommendem Jahr etwa für GmbHs mit Mustersatzung und nur einem Gesellschafter-Geschäftsführer. Auf eine persönliche Identifikation des Gründers mittels Lichtbildausweis wird hierzulande nicht verzichtet: Sie soll künftig durch das Kreditinstitut vorgenommen werden, bei dem die Stammeinlage eingezahlt wird. (cka)