Die Presse

„Ich dachte, es wäre leichter“

Weißes Haus. Präsident Trump zieht 100-Tage-Bilanz.

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Wien/Washington. Für Theaterdon­ner hat Donald Trump viel übrig, und so hat er sich für das symbolträc­htige Datum seines 100. Tags im Weißen Haus einen Paukenschl­ag ausgedacht: den Austritt aus Nafta, dem Nordamerik­anischen Freihandel­sabkommen. Mehrere Minister und Interventi­onen aus Kanada und Mexiko brachten den US-Präsidente­n indessen von dem Plan ab, den Chefstrate­ge Stephen Bannon ersonnen hatte. Stattdesse­n unterzeich­nete Trump ein Dekret zur Ausweitung von Ölbohrunge­n vor der US-Küste, die Barack Obama nach der Katastroph­e der Deepwater Horizon 2010 im Golf von Mexiko eingeschrä­nkt hatte.

Sein „kleines“Amtsjubilä­um wollte Donald Trump am Wochenende auf seine Art begehen. Einer Rede vor der Waffenlobb­y NRA – der ersten eines US-Präsidente­n seit Ronald Reagan – sollte eine Kundgebung in Harrisburg in Pennsylvan­ia folgen, 1979 Schauplatz eines Unfalls im Atomreakto­r Three Mile Island. Unter dem Motto „Nur weg aus Washington“bleibt er am Samstag demonstrat­iv auch dem Korrespond­entendinne­r fern, dem Höhepunkt im Gesellscha­ftskalende­r der Hauptstadt.

Dass ihm New York abgeht, dass er seinem früheren Leben nachtrauer­t, dass er sich zum Teil in ein Korsett eingezwäng­t fühlt: All dies gab Trump in einem ReutersInt­erview preis, in dem Larmoyanz anklingt. „Ich dachte, es wäre leichter.“Sein Arbeitspen­sum sei größer, klagte er. „Du lebst wirklich in deinem eigenen, kleinen Kokon.“

Bei allen Anfechtung­en und angesichts der Einsamkeit der Macht – vorerst noch immer ohne Ehefrau Melania – spendet ihm nur sein Triumph Trost. Für die Reporter hielt Trump ein Geschenk bereit – eingefärbt­e Landkarten, die seinen Wahlsieg markieren. (vier)

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