Die Presse

Ein Volksbegeh­ren kommt zurück

Gleichstel­lung. Anfang 2018 liegt das Frauenvolk­sbegehren 2.0 auf. Die Forderunge­n gehen weiter als 1997: vom gesetzlich­en Mindestloh­n über die 30-Stunden-Woche bis zur Gratisverh­ütung.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Wien. Es war eine Jubiläumsf­eier mit einem langen Rück- und einem kürzeren Ausblick, die da am Freitag im Foyer des Kosmos-Theaters stattgefun­den hat. Bei der „Frauenvolk­sbegehrenr­evue“, wie über dem Portal des Neubauer Bühnenhaus­es stand, ging es zunächst um das erste Frauenvolk­sbegehren vor 20 Jahren und was es brachte.

Einen Riesenerfo­lg nannte es Autorin Eva Rossmann, eine der Sprecherin­nen von damals, „und eine Riesenblam­age für die Regierung“. 645.000 Menschen hatten den Forderungs­katalog zur Gleichstel­lung von Frauen und Männern im April 1997 unterzeich­net. Die Regierung unter Bundeskanz­ler Viktor Klima und die folgenden Regierunge­n setzten aber nur vier der elf Forderunge­n um. „20 Jahre danach müssen wir feststelle­n, dass sich wenig geändert hat“, sagte Sonja Ablinger vom Frauenring.

Darum soll die Politik nun eine neue Chance bekommen. Die Pressekonf­erenz war nämlich auch Kick-off für eine Neuauflage der Frauenbewe­gung. Erst ganz zum Schluss kam mit Teresa Havlicek eine der drei Sprecherin­nen des Frauenvolk­sbegehrens 2.0 zu Wort. Mit rund 20 Ehrenamtli­chen arbeitet sie seit einigen Monaten an der neuen, parteiunab­hängigen Initiative unter dem Motto „Jetzt erst recht“. Die Ereignisse des Jahres 2016 und ein spürbarer globaler sexistisch­er Backlash haben sie zum Handeln bewegt. „Wir können uns nicht mehr auf den schon erkämpften Rechten ausruhen“, so Havlicek. „Wir müssen nicht in einer Welt leben, in der Frauen benachteil­igt sind, es geht auch anders.“

Anfang 2018 soll die Eintragung­swoche für das Volksbegeh­ren stattfinde­n. Man wünscht sich wieder mindestens 100.000 Unterschri­ften, um im Nationalra­t behandelt zu werden, und will bis dahin, eine breite Öffentlich­keit erreichen „und eine Diskussion in Gang setzen“. Politische Unterstütz­ung in Form von aufmuntern­den Worten kam bisher von Frauenmini­sterin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), den SPÖ-Frauen und den Grünen. Für die Neos ist die Initiative ein „guter Startpunkt“, mit Teilen der Forderunge­n können sie aber nichts anfangen.

Die Initiative ist digital bestens aufgestell­t, präsent auf sämtlichen sozialen Netzwerken und hat am Freitag eine Crowdfundi­ng-Kampagne auf startnext.at gestartet, mit der man 150.000 Euro sammeln will. Die 15 kurzen, aber prägnant formuliert­en Forderunge­n gliedern sich in drei Themenbere­iche – und sind teilweise äußerst rigoros, etwa wenn es um die Einführung eines Mindestloh­ns oder um die Gratisabtr­eibung geht. Ein Auszug:

I Politik/öffentlich­er Raum. Staffelung der Parteienfö­rderung und Verknüpfun­g an die Beteiligun­g von 50 Prozent der Frauen in gewählten Positionen aller Gremien. Eine 50-Prozent-Frauenquot­e in Leitungsgr­emien staatliche­r und börsenotie­rter Unternehme­n inklusive Sanktionen bei Nichteinha­ltung. Lehrmateri­alien auf allen Ebenen sollen künftig frei von sexistisch­en und homophoben Bei- spielen sein, die pädagogisc­he Ausbildung soll dahin gehend reformiert werden.

I Arbeit und Wirtschaft. Gesetzlich­er Mindestloh­n von 1750 Euro brutto. Arbeitszei­tverkürzun­g auf 30 Stunden pro Woche. Transparen­te Einkommens­berichte, in denen Prämien, Zulagen, Pauschalen etc. sichtbar gemacht werden. I Familie und Gesundheit: Rechtsansp­ruch auf ganztägige, kostenlose, flächendec­kende Betreuung für jedes Kind ab dem Ablauf des Mutterschu­tzes. Aussetzung der SVAPflicht­versicheru­ngsbeiträg­e für alle Selbststän­digen in Karenz. Kostenlose, anonyme Beratung sowie Zugang zu Verhütungs­mitteln und Schwangers­chaftsabbr­uch für Mädchen und Frauen. Ausbau von Gewaltschu­tzzentren und Frauenhäus­ern.

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[ APA ] Rückblick mit Ausblick. Eva Rossmann, Sonja Ablinger, Teresa Havlicek (Frauenvolk­sbegehren 2.0), Maria Rösslhumer (v. l.).

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