In Toronto mit der Aufgabe wachsen
NBA-Basketball. Die Raptors stehen im Semifinale der Eastern Conference. Der Klub von Jakob Pöltl trifft nun auf Cleveland mit LeBron James.
Toronto/Wien. Basketball in der NBA zu spielen, der besten Liga der Welt, ist tatsächlich ein Rebound in einer anderen Welt. Die vielen Reisen, Flüge und Hotels. Ausverkaufte Hallen, jeden zweiten, dritten Tag ein Spiel. Dazwischen Trainings, wieder Reisen und kaum Zeit, sich zu erholen oder die neue Heimat zu erkunden, weil PR-Termine oder Klub-Verpflichtungen warten. Der Wiener Jakob Pöltl, 21, ist dennoch weiterhin vollends begeistert von dieser Sportwelt, in der er als erster Österreicher überhaupt mitspielen darf.
Besser hätte seine Debüt-, im Fachjargon: Rookie-Saison, bislang nicht laufen können. Die Toronto Raptors erreichten die Playoffs, eliminierten in der ersten Runde die Milwaukee Bucks und treffen nun im Semifinale der Eastern Conference auf die Cleveland Cavaliers. Der Titelverteidiger warf Indiana Pacers mit 4:0-Siegen aus dem Rennen und gilt als einer der besten Klubs der Liga. Er wird angeführt von Superstar LeBron James. Ob Pöltl ihn stoppen, vielleicht einen seiner Würfe blockieren kann? Es wäre ein Adelsprädikat.
Los der Reserve
Als Neueinsteiger ist es der Wiener aber auch gewohnt, öfter zuschauen zu müssen. Das hat mitunter taktische Gründe, Coach Dwane Casey aber schwört sonst auf den „Austrian Hammer“. Im sechsten Spiel der Best-of-7-Serie gegen die Bucks saß Pöltl nur auf der Bank, die Raptors gewannen die Partie mit 92:89 und die Serie mit 4:2-Siegen.
„Aus irgendeinem Grund schaffen wir es nicht, einen Vorsprung nach Hause zu spielen. Wir haben es nochmals spannend gemacht, was meiner Meinung nach unnötig war“, kommentierte Pöltl den Spielverlauf. Dass jetzt LeBron James warte, sei gewiss erbaulich, aber für den Wiener ist es sein Job, gegen die besten Spieler der Welt anzutreten. Für Staunen und zu großen Respekt ist weder Zeit noch Platz. „Ich würde sagen, es ist alles möglich“, sagt also der 2,13 Meter große Center. „Cleveland ist auf dem Papier das stärkste Team im Osten, aber das heißt gar nichts.“
Pöltl, der in vier Playoff- und 54 Partien des Grunddurchgangs (3,1 Punkte im Schnitt) zum Einsatz kam, hat sich in der NBA zurechtgefunden. Die ersten Playoff-Punkte seien ein unvergessliches Erlebnis, Rotation und Geschäft wären hart, Roomservice, Fahrten im 7er-BMW ins Apartment die gewohnte Ab- wechslung. Dass er knapp drei Millionen Dollar pro Jahr verdient, habe aus ihm aber keinen anderen Menschen gemacht. Nur zwei Umstellungen waren für ihn gewaltig: Nach Auswärtsspielen kommt der Tross erst um drei, vier Uhr früh nach Toronto zurück. Am nächsten Tag aber wartet schon wieder ein Training, eventuell sogar ein Spiel. Das sei „nicht normal“, aber einmal weniger zu schlafen nichts Außergewöhnliches mehr.
Wiener mit 104 Kilogramm
Die zweite ist, dass das Spiel in der NBA weitaus physischer ist als er gedacht hätte. 104 Kilogramm sind viel, aber oft nicht genug gegen Kapazunder oder 150-kg-Giganten dieser Zunft. Pöltls Trainer bleibt gelassen, er sieht sein Juwel reifen, lernen – selbst wenn er nur „ruhig auf der Bank sitzt“, wie die „Toronto Sun“feststellte. Für ihn, sagt Casey, sei es jedes Mal „eine Freude, etwas Positives“, wenn er den Wiener auf das Parkett schicke, ihm Spielzeit verschafft. Es gebe dieses „Vertrauen zu ihm, er hält mit seinem Körper dagegen“. Dass er weiterhin zu viele „billige Fouls“kassiere, sei logische Folge, aber auch daran werde gearbeitet. Oder sie erledigen sich bald von selbst, wenn der Name Pöltl in der USLiga bekannter wird, er sich bei den Referees mit seinem Stil Respekt verschafft hat.
Niemals vergessen wird der Wiener seine Herkunft. Daher ist es für ihn selbstverständlich, weiterhin für das ÖBV-Team spielen zu wollen. Die Letztentscheidung aber trägt Toronto – und solange die Playoffs laufen, zählt nichts anderes als der Erfolg der Franchise.
Cleveland ist auf dem Papier das stärkste Team im Osten, aber das heißt gar nichts. Jakob Pöltl NBA-Spieler, Toronto