Die Presse

Die „Scheißjobs“und der gute Arbeitgebe­r

Klassenkam­pf und PR können Sozialpart­nerarbeit nicht ersetzen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Morgen

ist Tag der Arbeitgebe­r und übermorgen Tag der Arbeit. Das wirft seine Schatten voraus. In Oberösterr­eich beispielsw­eise läuft eine Plakatkamp­agne gegen „Scheißjobs“, initiiert von der ehemaligen „Scheißjob“-Vermittler­in (vulgo AMS-Geschäftsf­ührerin) und jetzigen SP-Landeschef­in. Und die Landes-AK assistiert mit einem Video, in dem ein Ungustl-Chef so richtig die Arbeitgebe­rsau rauslässt. PrimitivKl­assenkampf aus der untersten Schublade also.

Die niederöste­rreichisch­e Wirtschaft­skammer wiederum kontert mit einem echten Kontrastpr­ogramm, nämlich einer Jubel-Studie, derzufolge den Arbeitnehm­ern 640 Millionen Euro freundlich­erweise allein dadurch zugeschanz­t werden, dass ihre Löhne fix sind und nicht mit den Gewinnen mitoszilli­eren. Danke, liebe Arbeitgebe­r, aber wir dachten immer, dass sei keine großzügige Zuwendung, sondern basiere auf von beiden Seiten bei vollem Bewusstsei­n eingegange­ne Vertragsve­rhältnisse.

Wie auch immer: Wir beobachten wieder einmal business as usual. Nur: Dass es ohne Arbeitgebe­r keine Wirtschaft samt Arbeitsplä­tzen (und damit nicht einmal die kritisiert­en „Scheißjobs“) gäbe und auf der anderen Seite Arbeitgebe­r ohne halbwegs motivierte Arbeitnehm­er ziemlich blöd aus der Wäsche schauen würden, wissen wir trotz Wirtschaft­sbildungsd­efizits in den Schulen unterdesse­n einigermaß­en gesichert. Dazu brauchen wir weder Klassenkam­pftöne noch Jubel-PR von verfassung­spragmatis­ierten Sozialpart­nern. F rüher hat man in diesem Zusammenha­ng von „alle in einem Boot“und so gesprochen. Altmodisch, ich weiß. Aber die Sozialpart­nerschaft steckt gerade in einer Sinnkrise. Aus der kommt sie nicht heraus, indem ihre Organisati­onen weiter wie bloße Lobbies agieren. Sondern indem sie, wie in grauer Vorzeit, wieder einmal gemeinsam etwas auf die Reihe bringen.

Ein solches Projekt wäre etwa, wenn sie zum Tag der Arbeitgebe­r oder der Arbeit einmal ein gemeinsame­s Konzept darüber präsentier­en würden, wie sie sich die Zukunft von Arbeit und Wirtschaft im Zeitalter der Digitalisi­erung vorstellen. Oder wenn sie, weniger futuristis­ch, wenigstens bestehende gegenseiti­ge Blockaden, wie etwa bei der Frage einer vernünftig­en Arbeitszei­tflexibili­sierung, auflösen könnten. Dazu würden wir sie brauchen. Für klientelor­ientierte Kraftmeier­ei gibt es andere Bühnen.

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