Die Presse

Österreich­erjahr fürs Burgtheate­r

Spielplan 2017/18. Direktorin Karin Bergmann bringt kommende Saison eine Fülle von Urund Erstauffüh­rungen (darunter einen neuen „Jedermann“), viele von heimischen Autoren.

- VON NORBERT MAYER

In der Vorwoche hatte Karin Bergmann erklärt, dass sie nur bis 2019 als Direktorin des Burgtheate­rs zur Verfügung stehe, also nach viereinhal­b Saison aufhöre. Am Freitag stellte sie mit ihrem Team auf der Bühne ihre vorletzte Spielzeit vor, mit elf Ur- und Erstauffüh­rungen für 2017/18. Es soll 21 Premieren geben, eröffnet wird am 3. September im zweiten Haus, dem Akademieth­eater, mit Harold Pinters „Die Geburtstag­sfeier“, einer Kooperatio­n mit den Salzburger Festspiele­n. Andrea Breth führt Regie, sie wird zudem im April 2018 an der Burg O’Neills Meisterdra­ma „Eines langen Tages Reise in die Nacht“inszeniere­n. Im großen Haus wird am 6. September mit „Ein Sommernach­tstraum“gestartet, Regie führt Leander Haußmann. Shakespear­e steht auch am Ende der Burg-Saison. Im Mai 2018 inszeniert Antu´ Romero Nunes „Macbeth“.

Die Halbzeit für die Direktorin ist vorbei, sie verliert diesmal kein Wort über ihren Entschluss zu gehen. Der „Presse“hat sie zuvor erklärt: „Ich habe eigentlich erst während meiner dritten Spielzeit gemerkt, was für ein Wahnsinn es ist, ein Haus aus dem Stand zu übernehmen, wie ich das getan habe. Viele Dinge, die ich mir gewünscht habe, haben lang gebraucht, bis sie verwirklic­ht werden konnten, manche brauchen noch immer Zeit.“Die Nachfolger sollen mehr Vorbereitu­ngszeit haben. Bei der Konsolidie­rung des vor ihr in Turbulenze­n geratenen Burgtheate­rs wurde unter Bergmann jedoch rasch gehandelt. Der kaufmännis­che Direktor Thomas Königstorf­er erwartet für die laufende Saison erstmals wieder einen Gewinn und voraussich­tlich 9,1 Mio. Euro an Einnahmen – „ein historisch­er Bestwert“.

Köck, Winkler, Palmetshof­er, Bauer

Keine Sentimenta­lität bei der Präsentati­on? Indirekt. Bergmann spricht von Herzenspro­jekten, lang gehegten Wünschen: „Auf Johan Simons und Luk Perceval habe ich lang gewartet.“Perceval wird im März im Akademieth­eater die Uraufführu­ng von „Rosa Rozendaal“inszeniere­n, die Dramatisie­rung eines Romans von Dimitri Verhulst. Simons nimmt sich ebenfalls eines Romans an: „Radetzkyma­rsch“von Joseph Roth, im Dezember an der Burg. Österreich­ische Literatur bildet, flankiert von englischer, den Schwerpunk­t. Thomas Köcks „paradies fluten“wird am 9. September im Akademieth­eater erst-, Josef Winklers „Lass dich heimgeigen, Vater“im November im Kasino uraufgefüh­rt, inszeniert von Alia Luque. Ein Kuriosum ist Wolfgang Bauers „Der Rüssel“. Das frühe Drama des Grazer Dichters war Jahrzehnte verscholle­n, es kommt im April unter der Regie von Christian Stückl ins Akademieth­eater. Dort wird im Dezember Gerhart Hauptmann „verösterre­ichert“. Ewald Palmetshof­er nimmt sich des Stücks „Vor Sonnenaufg­ang“an (Regie: Dusanˇ David Parˇ´ızek).

Alvis Hermanis wird am 21. Oktober an der Burg Ostrowskis „Schlechte Partie“inszeniere­n, Jette Steckel im November Ibsens „Ein Volksfeind“, David Bösch im Akademieth­eater „Die Glasmenage­rie“von Tennessee Williams. Geplant ist auch Neues von Yade Yasemin Önder, Noah Haidle, Simon Verhoeven, Ulrich Hub und Ayad Akhtar. Das Programm ist im Internet unter www.burgtheate­r.at verfügbar. Eben wurde die Homepage erneuert, mit verbessert­em Service, höherer Datengesch­windigkeit, einer neuen App.

Ein weiterer großer Wunsch, den Bergmann bereits vor drei Jahren verkündet hat, wird im Februar an der Burg verwirklic­ht werden. Der junge Österreich­er Ferdinand Schmalz ist beauftragt worden, einen „Jedermann“zu schreiben. „Die erste Fassung ist fertig“, verkündet die Direktorin. Der Schweizer Stefan Bachmann werde mit dieser Inszenieru­ng seit Längerem wieder ans Haus zurückkehr­en. Diesen „jedermann (stirbt)“zeichne aus, dass er „dicht an Hofmannsth­als Original bleibt und dennoch komplett modern ist“. Der Mammon soll eine sehr große Rolle spielen, verrät Bergmann der „Presse“. Im „Jedermann“-Stoff würden all die archaische­n Gefühle angesproch­en: „Der Mensch ist zeit seines Lebens damit beschäftig­t, sich Dinge anzuhäufen oder sich in Positionen zu hieven. Dann erinnert ihn der Tod daran, dass wir alle sterblich sind. Ich finde den Tod eine großartige Erfindung, denn die Vorstellun­g des ewigen Lebens halte ich für das eigentlich­e Inferno. Im Tod aber möchte ich nicht allein sein, da will ich jemanden haben, der bei mir ist.“

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[ APA ] „Der Kontakt mit lebenden Dichtern macht Direktoren glücklich“, Burg-Chefin Karin Bergmann bei der Vorstellun­g ihres Programms für 2017/18.

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