Heumarkt Neu: Ein Spekulationsprojekt sieht anders aus
Canaletto würde den Turm in eine heutige Stadtansicht integrieren.
Wer sich die vergangenen Monate zum Projekt Heumarkt Neu die Kommentare in den sozialen Medien und die Postings in Online-Medien zu Gemüte führte, war verblüfft über die Falschmeldungen und Lügen, die über das Projekt verbreitet wurden. Selbst in Petitionen wurden Forderungen erhoben, die mit dem Projekt bereits erfüllt sind.
Denn: Es gibt kein Großprojekt im Wien der vergangenen Jahrzehnte, das vergleichbar fair und offen und transparent im ständigen Dialog mit der Stadtplanung und allen Betroffenen wie WEV und Konzerthaus entwickelt wurde. Es gab Testprojekte mit bedenklichen Ergebnissen und einen untadeligen internationalen Wettbewerb mit eindeutigem Sieger.
Isay Weinfeld ist ein hervorragender Architekt, den seine respektvolle, kultivierte moderne Architektur auszeichnet. Ein Qualitätsanspruch, der vom Investor gewollt und garantiert wird. Weinfelds Komposition mit SockelScheibe-Turm ist eine richtige Anwort für diesen Ort, und gibt dem Stadtraum und seinen Sichtachsen eine neue Qualität. Und warten wir auf die endgültigen Pläne, dann können wir über Materialität und Details dieser Architektur diskutieren. Die derzeitigen Pläne und Absichten dazu sind, selten für Wien, absolut qualitätsorientiert.
Eine Investition für die Stadt
Wer die veröffentlichten Zahlen und glaubwürdigen Kalkulationen kennt, muss zugeben, dass es sich hier um eine Investition für die Stadt handelt. Ein Spekulationsprojekt sieht anders aus. Dies zeigt sich auch in den nach langen Verhandlungen ausgearbeiteten städtebaulichen Verträgen, die, grundbücherlich gesichert, einen bisher nicht gekannten Mehrwert für öffentliche Nutzungen garantieren.
Die wahren Profiteure dieses Projekts sind vor allem der WEV, Konzerthaus, die Kongressstadt Wien, und der öffentliche Raum. Das Risiko dafür trägt allein der In- vestor. Deshalb haben für mich die Gegenargumente keine Glaubwürdigkeit. Die Widmung wird einem Projekt angepasst. Das ist eine jahrzehntelange Forderung und Planungspraxis, weil eine abstrakte Widmung ohne Projekt nur selten in der Realität aus städtebaulichen und architektonischen Gründen vernünftig umsetzbar ist, und immer wieder dafür adaptiert werden muss. Abgesehen davon, dass im konkreten Projekt durch die Umwidmung kein Spekulationsgewinn realisiert werden kann. Es geht nur um eine andere, im Wettbewerb gefundene Figuration.
43 Meter Höhe! Und Schluss!?
So bleibt am Ende dieses qualitätsorientierten Prozesses, in dem die Stadtplanung Wiens und der Investor verantwortungsbewusst agierten, nur ein Argument dagegen: Das ist das Weltkulturerbe. Oder besser, seine derzeitigen Stimmen. Es ist eben kein Argument zur architektonischen Qualität, wenn man einfach eine Zahl festlegen will: 43 Meter Höhe! Und darüber darf nicht diskutiert werden? Der Bauplatz ist und war nie ein „gründerzeitlicher Block“. Er ist ein besonderer Ort in der Stadtmorphologie, für den es einer besonderen Typologie bedarf. Deshalb darf auch die Komposition von Volumen und Proportion beachtet werden. Selbst ein höherer Turm würde dem nicht schaden.
Der US-Soziologe Richard Sennett unterschied kürzlich in einem kritischen Kommentar zu den Projekten in London und Manhattan zwischen „core investments“und „opportunity investments“. Bei Ersteren zählt nur der Gewinn. Bei Letzteren erkennt ein Investor das Potenzial eines Ortes und macht dieses für die Stadt fruchtbar. Das kann am Heumarkt geschehen. Und Canaletto würde jederzeit den Turm in eine heutige Stadtansicht integrieren.