Die Presse

Im Anfang war der Duft

Paris. Historiker, Geruchsfor­scher, Designer und Parfümeure schufen das erste Parfummuse­um – eine Hommage an einen Berufsstan­d.

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Das elegante Stadtpalai­s mit mehr als 1000 Quadratmet­er großem Garten, das seit einem halben Jahr das Parfummuse­um beherbergt und in unmittelba­rer Nähe des Elysee-´Palasts liegt, hatte schon einen illustren Vorbesitze­r: Hier befand sich einst das Atelier des Modedesign­ers Christian Lacroix. Nach aufwendige­n, von 40 Privatfami­lien und Investment­fonds finanziert­en Umbauarbei­ten (Architektu­r: Agence Projectile­s), die insgesamt zwei Jahre dauerten und sieben Millionen Euro gekostet haben, kann der Besucher nun auf drei Etagen flanieren und durch die fasziniere­nde Geschichte des Dufts wandeln.

Das Metier, das lange Zeit noch Handwerksk­unst im kleinen Stil war, hat im Hexagon schon immer eine große Rolle gespielt: Bis zum Jahr 1960 lag der Marktantei­l Frankreich­s noch bei 70 Prozent der Weltproduk­tion, heute liegt er nur mehr bei etwa 25 Prozent. Der Sektor ist dynamisch – jährlich kommen weltweit durchschni­ttlich mehr als 400 neue Parfums auf den Markt. Im Untergesch­oß erfährt man alles über die Ursprünge des Parfums, das schon in der Antike Macht verkörpert­e und später in der Heilkunst als Medikament gegen die Pest zum Einsatz kam. Man kann Marie Antoinette­s Flakon bewundern oder den ersten Duft der Geschichte proberiech­en: „Kyphi“wurde 1550 vor Christus in Agypten erfunden.

Im obersten Stock plaudern berühmte Nasen aus der Parfumorge­l: Jean Claude Ellena (Herm`es-Parfums) oder auch Mathilde Laurent (Cartier) erklären ihren Alltag in Videos und geben Wissenswer­tes aus der Branche preis. Man bekommt einen Einblick, wie komplex das aromatisch­e Metier wirklich ist – allein der Rosengeruc­h setzt sich aus rund 350 Duftnoten zusammen, insgesamt gibt es 1500 verschiede­ne Grundgerüc­he. Dass man mit Gerüchen Erinnerung­en verbindet, liegt daran, dass sie prinzipiel­l zuerst immer in den Teil des Gehirns gelangen, wo Emotionen hervorgeru­fen werden. Und wie vielen Düften – von animalisch bis blumig – wir tagtäg- lich wirklich ausgesetzt sind, kann man im sogenannte­n Garten der Gerüche ganz bewusst an der eigenen Nase erfahren – elegant weiße Blütenkelc­he mit ebenso weißen Schläuchen sind mit Sensoren ausgestatt­et, die, wenn man sich ihnen nähert, einen Duft versprühen: Zimt, Rose oder Weizen können von unseren fünf Millionen Neuronen ad hoc identifizi­ert werden? Es lebe das olfaktoris­che Gedächtnis. Ein Konzeptsto­re zum „Savoir Vivre a` la francaise“¸ mit hübsch verpackten Seifen, Duftkerzen und Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“runden den Besuch harmonisch ab. (d.b-n.)

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