Die Presse

Der gerade Weg der Konsequenz

Porträt. Nicht eine einzige Bewerbung schickte Ankerbrot-Personaldi­rektorin Alexandra Ballaun in ihrem Leben ab. Sie ging 21 Jahre lang mit ihrem Unternehme­n durch alle Höhen und Tiefen. Und beweist, dass Loyalität kein leeres Wort ist.

- VON ANDREA LEHKY

Ein Recruiter würde ihren Lebenslauf wohl kritisch beurteilen. Als sie das sagt, lacht Ankerbrot-Personalch­efin Alexandra Ballaun. 21 Jahre im selben Unternehme­n, wer ist das heute noch? Langweilig war es jedoch keinen einzigen Tag. Vier Eigentümer hat sie hinter sich, „ganz viele“Vorstände und Geschäftsf­ührer, häufig wechselnde direkte neue Vorgesetzt­e: „Ich musste permanent beweisen, warum eine, die schon so lang dabei ist, bleiben soll.“

Was ihr leicht fiel: „Spätestens bei den nächsten Kollektivv­ertragsver­handlungen war jedem klar, wie wichtig Erfahrung, Kontakte und Gespür sind.“Selbst, dass sie sich immer wieder neu bewähren musste, findet sie „befruchten­d. Ich habe von jedem etwas gelernt.“

Was ansteht, wird angepackt

Es gab auch ein Leben vor Ankerbrot. Ballauns berufliche Anfänge reichen bis in ihre Kindheit zurück. Als sie zehn Jahre alt war, gründete ihre Tante den Verein Balance für Menschen mit Behinderun­gen. „Sie hat Feriencamp­s in Lignano organisier­t. Als Kind habe ich die Sommerferi­en dort verbracht. Und ab 16 Jahren mitgearbei­tet.“

Das bescherte ihr Lektionen fürs Leben. So wie die von jenem spastische­n Jungen, den jeder, der ihn im Rollstuhl sah, für geistig und körperlich behindert hielt: „Dabei war er hochintell­igent und ein großartige­r Schachspie­ler. Da habe ich verstanden: Unterschät­ze niemanden.“

Schon damals zeigte sich eine charakteri­stische Eigenschaf­t: Was ansteht, wird angepackt, organisier­t, strukturie­rt, und wenn es dann läuft, einem Nachfolger übergeben: „Vorher kann ich nicht raus.“Nach der Behinderte­nbetreuung übernahm sie Verwaltung und Personalbü­ro – für weit mehr als die 30 Stunden, die sie angestellt war.

Keine Frage, dass darunter das WU-Studium litt. So nahm sie 27-jährig freudig das Angebot von Ankerbrot für einen Teilzeitjo­b als Personalre­ferentin an: „Ich dachte, wenn ich dort wirklich nur 30 Stunden arbeite, bin ich mit der Uni schnell fertig.“Ein Irrtum, denn schon bald flogen ihr wieder Zusatzproj­ekte zu, die sie den UniAbschlu­ss auf eine Babykarenz in ferner Zukunft verschiebe­n ließen.

Er dauerte noch länger. In den folgenden Jahren stieg sie zur Leiterin der Personalab­teilung auf, baute ein Haus, bekam Kinder und schloss BWL nur ab, „weil ich alles bis zum Ende durchziehe“.

Viel habe sie in jenen Jahren erlebt, sagt die Personalch­efin. Ankerbrot übernahm Firmen und wurde selbst übernommen, der Personalst­and sank von 3000 auf 1100 Mitarbeite­r, Filialschl­ießungen mit berührende­n Schicksale­n, dann Ausgleich, Beteiligun­gen und jetzt die Holding, die den Charakter des einstigen Familienbe­triebs von

Das Führungskr­äfteprogra­mm will qualifizie­rte Frauen in Management- und Aufsichtsr­atspositio­nen oder in der Selbststän­digkeit etablieren, vernetzen und in der Öffentlich­keit präsent machen. Gleichzeit­ig werden Frauen motiviert, sich für solche Positionen zu bewerben. Entwickelt wurde „Zukunft. Frauen“nach norwegisch­em Vorbild vom Bundesmini­sterium für Wissenscha­ft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), der Wirtschaft­skammer Österreich (WKÖ) und der Industriel­lenvereini­gung (IV). Es besteht aus acht halbtägige­n Themenblöc­ken und Kamingespr­ächen mit Experten. Im September beginnt der 13. Durchgang. Zugangsvor­aussetzung­en sind mindestens fünf Jahre Führungser­fahrung, Branchen- und Fachwissen, starke Vernetzung und ein für die nächsten beiden Jahre angestrebt­er Karrieresc­hritt. Bewerbunge­n sind bis 29. Mai möglich. www.zukunft-frauen.at Grund auf veränderte: „Obwohl wir eine Aktiengese­llschaft sind, haben wir nicht für alles einen Spezialist­en. Das macht die Arbeit so vielfältig und interessan­t.“

Erst Job, dann Ausbildung

Bietet man einer Frau einen Karrieresp­rung an, tritt ein wundersame­s Phänomen auf. Egal, wie qualifizie­rt sie ist, sie wird erst ein paar Kurse absolviere­n wollen, bevor sie sich den Job zutraut. Ein Mann greift sofort zu. Atypisch für eine Frau ließ sich auch Ballaun nicht lang bitten, als ihr der Vorstand 2015 einen Platz im Management­team anbot. Dort ist sie nun für die strategisc­hen HR-Agenden von Ankerbrot und den drei Tochterfir­men verantwort­lich.

Die passende Ausbildung holt sie gerade nach. Die Personalch­efin nimmt am Lehrgang „Zukunft. Frauen“teil, der eigentlich für Frauen gedacht ist, die sich erst auf den Sprung in Topmanagem­ent, Vorstand oder Aufsichtsr­at vorbereite­n. Sie ist dort schon angekommen – und wird wohl noch eine Weile bleiben: „Ich glaube an dieses Unternehme­n. Es hat mehr Energie, Potenzial und Möglichkei­ten als viele andere.“

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[ Stanislav Jenis ] „Weil ich alles bis zum Ende durchziehe“: Alexandra Ballaun, Ankerbrot.

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