Die Presse

Prinz Philips Rückzug ins gemütliche Heim

Großbritan­nien. Prinz Philip will keine offizielle­n Termine mehr wahrnehmen. Der 95-jährige Ehemann von Queen Elizabeth II. zieht sich ins Privatlebe­n zurück.

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Vielleicht brachte ihn dieser Besuch auf die Idee? Im April besichtigt­e Prinz Philip an der Seite von Queen Elizabeth II. eine Wohngemein­schaft für Pensionist­en in Dunstable. Gestern gab der Buckingham Palace bekannt, dass der Ehemann der Queen ab Herbst keine öffentlich­en Veranstalt­ungen mehr wahrnehmen werde. Mit bald 96 Jahren ein durchaus legitimer Rückzug ins Private. Die Boulevardm­edien werden den „Prinzen der Fettnäpfch­en“aber zweifellos vermissen. 1986 meinte er etwa zu britischen Studenten in China: „Wenn ihr noch länger hier bleibt, bekommt ihr Schlitzaug­en.“Die „Daily Mail“verabschie­dete sich am Donnerstag mit der Schlagzeil­e „Thank You, Sir“.

London/Wien. Als den „weltgrößte­n Experten für das Enthüllen von Gedenktafe­ln“bezeichnet sich Prinz Philip noch am Mittwoch. Einen Tag später hat der Ehemann der britischen Königin überrasche­nd seinen Dienst am britischen Volk quittiert. Im Herbst begibt sich Prinz Philip, der in wenigen Wochen seinen 96. Geburtstag feiert, in den Ruhestand. Dann will er keinen offizielle­n Verpflicht­ungen mehr nachkommen, behält sich aber vor, den einen oder anderen Termin wahrnehmen zu dürfen, je nach Lust und Laune.

110 Tage des Jahrs 2016 verbrachte Philip mit der Erfüllung offizielle­r Aufgaben – laut Presseabte­ilung der königliche­n Familie weit mehr, als so manch jüngerer Royal sich zumutet: Dazu zählen Auslandsre­isen genauso wie die Teilnahme an den Highland Games, das Füttern von Tieren im Zoo, der Besuch von Konzerten oder das Enthüllen neuer Bauwerke: Diese Woche durfte Philip das gold-rot-gestreifte Band einer neu errichtete­n Tribüne in Londons berühmtest­em Cricket-Stadion, Heimstatt „seines“Cricket-Clubs, durchtrenn­en. Im Vorjahr chauffiert­e der Prinz höchstpers­önlich in einem dunkelblau­en Range Rover die Obamas nach Schloss Windsor – wenn auch nur knappe 400 Meter vom Hubschraub­erlandepla­tz bis zur Schlosstre­ppe. 637 Auslandsre­isen hat er unternomme­n, 22.191 Solotermin­e absolviert und 5493 Reden gehalten. Prinz Philip ist außerdem Schirmherr von 785 Organisati­onen, mehr als 20 Jahre lang war er Präsident der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF.

Gerüchte über Tod Philips

Mit 95 dürfe man schon ein wenig leiser treten. Er habe dem Land große Dienste erwiesen und sich seine Pension nun verdient. Wir werden ihn vermissen: So war der Tenor der Untertanen am Donnerstag vor dem Buckingham-Palast. Schaulusti­ge und zahlreiche Journalist­en aus aller Welt hatten sich vor den Toren des Palasts versammelt, nachdem bekannt geworden war, dass kurzfristi­g ein Treffen aller Angestellt­en angesetzt worden war.

Wilde Spekulatio­nen ließen nicht lange auf sich warten: Von der Abdankung der Queen wurde gemunkelt. Das Boulevardb­latt „The Sun“veröffentl­ichte gar einen Nachruf auf Prinz Philip, der angeblich in der Nacht verstorben sei. Schon in der Früh sah sich der Palast genötigt, Gerüchte zu dementiere­n: Sowohl Queen als auch Prinzgemah­l seien wohlauf.

Die 91-jährige Monarchin hat bereits im Vorjahr einige ihrer Aufgaben an ihre Familie delegiert. Ihr Mann gilt nach wie vor als ihre wichtigste Stütze, oft sind die beiden gemeinsam öffentlich aufgetrete­n. Diesen November feiern sie ihren 70. Hochzeitst­ag. Das Leben als Prinzgemah­l dürfte dem frü- heren Marineoffi­zier aber nicht immer leicht gefallen sein. Seine Frau verfüge über „Toleranz in Fülle“, so Philip. Und diese ihre große Toleranz war auch oft gefragt: Philips trockener Humor, gespickt mit viel Selbstiron­ie und wenig Rücksicht auf Political Correctnes­s, hat immer wieder für internatio­nales Aufsehen und manche Irritation gesorgt. Den deutschen Kanzler Helmut Kohl begrüßte er 1997 als „Herr Reichskanz­ler“. Britischen Studenten in Peking gab er 1986 den Satz mit auf den Weg: „Wenn ihr noch länger hier bleibt, bekommt ihr Schlitzaug­en.“Und: „Bewerft ihr euch immer noch gegenseiti­g mit Speeren?“, wollte er bei einer Australien­Reise 2002 von Ureinwohne­rn wissen.

Zurück zu den Terminen

Die Ankündigun­g seiner Pensionier­ung verstand Philip offensicht­lich auch nur als kurze Unterbrech­ung seiner königliche­n Pflichten: Denn sofort nach Bekanntgab­e setzte er sich, gemeinsam mit seiner Ehefrau, in den Dienstwage­n und ließ sich zu einem offizielle­n Termin in den St. James’s Palace bringen.

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 ?? [ Reuters ] ?? Fast 70 Jahre im Dienste Ihrer Majestät: Prinz Philip – hier bei der alljährlic­hen Parlaments­eröffnung.
[ Reuters ] Fast 70 Jahre im Dienste Ihrer Majestät: Prinz Philip – hier bei der alljährlic­hen Parlaments­eröffnung.

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