Die Presse

Langzeitar­beitslose als Alltagshel­fer

„Aktion 20.000“. Das Sozialress­ort will Arbeitsplä­tze für Arbeitslos­e schaffen: Sie sollen Pflegebedü­rftige im Alltag unterstütz­en. Beschlosse­n ist das Projekt aber noch nicht.

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Wien. In vielen Fällen sind es Töchter, aber auch (Ehe-)Partner oder Söhne: Eine große Anzahl der Pflegegeld­bezieher wird von ihren Angehörige­n betreut – und zwar ausschließ­lich. Laut dem Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger ist es mit 46 Prozent immerhin bei fast jedem zweiten Pflegegeld­bezieher der Fall. 31 Prozent nehmen wiederum eine mobile Pflege in Anspruch: Hier kommen Heimpflege­r direkt zu den Pflegebedü­rftigen nach Hause, allerdings nur für wenige Stunden. Viele Hilfstätig­keiten werden weiterhin von Angehörige­n erledigt.

Das Sozialress­ort will nun die Alltagsbet­reuung von pflegebedü­rftigen Menschen erleichter­n – und gleichzeit­ig neue Jobs schaffen: Minister Alois Stöger (SPÖ) stellte am Donnerstag das Projekt „Selbststän­dig Leben Daheim“vor. Dabei sollen Helfer zwischen vier und zehn Stunden gebucht werden können. Und zwar um zu kochen, beim Haushalt zu helfen oder Personen zu transporti­eren. Klassische Pflegetäti­gkeiten sollen sie allerdings nicht anbieten. „Es soll keine Konkurrenz zur Heimhilfe sein, sondern eine Ergänzung“, meint Stöger.

Das Angebot soll auch kostengüns­tig sein: Die Bedürftige­n sollen zwischen sechs und zehn Euro pro Stunde zahlen – je nach Inanspruch­nahme des Dienstes. Die Angestellt­en sollen nach Kollektivv­ertrag für Heimhilfen bezahlt werden. Wer soll diese Hilfstätig­keiten aber anbieten – und bezahlen? Die neuen Jobs sollen älteren Langzeitar­beitslosen über 50 angeboten werden. Denn das Projekt soll im Rahmen der „Aktion 20.000“umgesetzt werden, die die Be- schäftigun­g in dieser Gruppe erhöhen soll. Die Lohn- und Lohnnebenk­osten würden vom Arbeitsmar­ktservice (AMS) bezahlt. Die künftigen Betreuer erhalten eine fünfwöchig­e Ausbildung. Allerdings gibt es auch die Möglichkei­t, während ihrer Tätigkeit eine Ausbildung zur Heimhilfe zu erhalten.

Das Projekt soll in allen Bundesländ­ern in eigenen Modellregi­onen starten. Das Ziel ist es, rund 2000 Jobs anbieten zu können. Zu Beginn rechnet das Ministeriu­m mit bis zu 400 Stellen.

Einen Haken hat dieses Vorhaben allerdings: Denn die Regierung hat die „Aktion 20.000“noch nicht fixiert. SPÖ und ÖVP sind sich nicht einig, was die Finanzieru­ng betrifft. Eigentlich hätte der Entwurf den Ministerra­t im April passieren, das Projekt im Juli starten sollen. In Stögers Büro will man allerdings nichts davon hören, dass das Projekt möglicherw­eise nicht umgesetzt werden könne. Man werde mit Sicherheit einen Weg finden.

Stöger: Bei Missstände­n „hinschauen“

Auf Nachfrage nahm Stöger am Donnerstag auch zum Bericht der Volksanwal­tschaft Stellung, der teilweise gravierend­e Mängel in Alten- und Pflegeheim­en aufdeckte (siehe Artikel unten). Dass dieses Papier nun vorliege, sei „sehr gut“. Alle Beteiligte­n im System müssten bei den beschriebe­nen Missstände­n genau hinschauen. Der Minister verwies allerdings auch auf die Zuständigk­eiten – nämlich der Länder: Jedes Bundesland müsse nun in seinem eigenen Bereich handeln, meinte er. (ib)

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[ APA ] Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) muss mit der ÖVP noch über die „Aktion 20.000“verhandeln.

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