Badeschluss und Kanzlerbonus
Wiener Soul. „Duft der Männer“heißt das neue Album der Kombo 5/8erl in Ehr’n. Sie wird, so scheint’s, mit den Jahren immer närrischer. Ein Gespräch.
Es kann schon sein, dass die Wienerstadt ihre Aura über einen stülpt“, sagt Bobby Slivovsky, einer der beiden Sänger der Kombo 5/8erl in Ehr’n nachdenklich. „Badeschluss“, das Eröffnungslied ihres neuen Werks, entwickelt jene köstliche Tristesse, wie sie die besten Wienerlieder auszeichnet. „Also ich empfinde Melancholie gar nicht als etwas Uneuphorisches“, meint Slivovsky trotzig. Der eventuelle Überschwang ist in diesem Lied, falls tatsächlich vorhanden, ein doch recht versteckter. Max Gaier, der andere Sänger dieses exzentrischen Klangkombinats, reagiert ob des Vergleichs mit der rinnaugerten Tradition des Wienerlieds beinah barsch. „Wir denken, hören oder komponieren nicht nach Genres.“
Das liegt auch an der bunten Zusammensetzung der Band. Mit der Gitarristin Miki Liebermann, die es bei Ostbahn-Kurt als Lilli Marschall quietschen ließ, haben die 5/8erl eine musikalische Instanz im Gefüge, die schon groß aufgeigte, als die anderen noch in die Schule gingen. Pianist Clemens Wenger, ein Kreativposten der Jazzwerkstatt Wien, ist einer von der extemporierenden Zunft. Hannibal Scheutz, Sohn des Austropopsängers Wilfried, kommt wieder aus einer anderen musikalischen Ecke. Und Slivovsky und Gaier, die beiden Sänger, die sich bei einem Operettenworkshop am Musikkonservatorium in Wien kennengelernt haben, hegen sowieso diverseste musikalische Interessen.
Ziel: Ein Hit im Regionalradio
Trotzdem überrascht die veritable Italo-Pop-Schmonzette „Campari Soda“. „Ja, hier singen wir Italienisch,“gibt sich Slivovsky begeistert, aber „was wir leiwand finden, ist, dass wir unter der Schlageroberfläche ein Partisanenlied verstecken.“Und Max frohlockt gar wegen einer neuen Zielsetzung. „Mit diesem Lied wollten wir erstmals einen Regionalradiohit machen. Mal sehen, ob’s gelingt.“
Der Albumtitel „Duft der Männer“lässt ebenfalls reichlich Platz für Fantasien. „Lange war Anti-Flat im Titelrennen, der Name eines Medikaments gegen Blähungen, dann aber hat Duft der Männer gesiegt. Wir wollten einfach den Männern die Chance geben zu duften.“Eine Danksagung im Booklet erstaunt im ersten Moment. Dann kommt der klingende Name „Hannah Arendt“aber auch noch im Stück „Wenn dein Mund meinen Mund verstanden hat“vor. In Gaiers Bücherschrank stehen mehrere Werke der deutsch-jüdischen Denkerin. Und das Beste? Er hat sie auch gelesen. „Ihr Diktum von der Banalität des Bösen passt ideal in die Gegenwart. Zusätzlich existiert ja noch die Banalität des Guten und die Banalität des Besonderen. Wir leben in einer banalen Welt.“
Der Song beginnt zunächst im Modus des Sprechgesangs. Irgendwann setzt dann Slivovsky, vollends in Soulgesang entflammt, ein. Eine recht ungewöhnliche Songstruktur. Wie das kam? Gaier erklärt es. „Wir sind dafür bekannt, dass bei unseren Konzerten auch zwischen den Liedern viel los ist. Und so war es jetzt eine Herausforderung, etwas zu komponieren, wo man nicht gleich weiß, ob es eine Moderation ist oder schon Teil eines Lieds. Einfach, um die Form aufzubrechen.“
Immer wieder haben die 5/8erl im Laufe ihrer Karriere bewiesen, dass sie Lieder mit Hitpotenzial zu schreiben imstande sind. „Siasse Tschick“war so ein Moment oder zuletzt die Kickerhymne „Alaba“. Letzterer kommt zwar auch noch kurz im Lied „Fahnderl im Wind“vor, aber der Fokus hat sich in „Cheesy Kern“auf andere Größen verschoben. Diese soulig-surreale Fußballerhymne flirtet gar mit einem Kanzlerbonus. Simple Nachvollziehbarkeit ihrer Texte ist kein vordringliches Anliegen. „Speisekartenkommunikation ist das keine“, gibt sich Gaier einsichtig.
Neben dem panthergleichen, italienischen Tormann Gigi Buffon und dem dauerfeschen Kanzler Kern rückt der etwas vergessene Flugkopfball-Büffel Christian Stumpf ins Bild, jener Kicker, der einst Rapid ins Europacupfinale geschossen hat. „Der konnte praktisch auf Rasenhöhe Kopfbälle übernehmen, und trotzdem war seine Frisur immer in Ordnung. Er ist der Einzige, von dem sowohl der Max als auch ich eine Autogrammkarte haben.“