Die Presse

Scheitert Voestwerk am teuren Strom?

Stahlindus­trie. Sollte Strom in Europa teurer werden, wird die Voest ihr geplantes Edelstahlw­erk nicht in Kapfenberg bauen. Es geht um 3000 Arbeitsplä­tze.

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Wien. Wenn Voest-Chef Wolfgang Eder über die Misere der Stahlindus­trie redet, dann spricht er so, also würde ihn das Ganze eigentlich gar nichts angehen. Als würde man einen italienisc­hen Barista fragen, was er von Starbucks hält. „Andere Branche“, würde er antworten. Und auch in der Voest ist das Wort „Stahlkoche­r“längst tabu. Da stellt es Eder sämtliche Nackenhaar­e auf. Die Voest, das sei der Apotheker unter den Stahlkonze­rnen, sagt er. Auch am Mittwochab­end zeigte er sich besorgt über die Millionen Tonnen an Überkapazi­täten in der Stahlbranc­he. Allein in Europa gebe es „30 bis 40 Millionen Tonnen“zu viel auf dem Markt. Dieser unnütze Ballast müsse verschwind­en. Doch es passiert nicht.

Zwar gab es vor 20 Jahren noch 26 Stahlkonze­rne, mittlerwei­le sind es sieben, aber das Volumen ist geblieben. Mit Fusionen schafft man schließlic­h nur größere Einheiten. Diese bekomme man nur mit strukturel­len Veränderun­gen in den Griff.

Eder sorgt sich, weil er die Stahlbranc­he als „industriel­le Basis Europas“sieht. Die Voest habe hingegen kein Problem mit Überkapazi­täten, betont Eder. Die Voest stellt schließlic­h keinen Stahl, sondern „Spezialstä­hle“her. Produziert keine Schienen, sondern „Spezialsch­ienen für Hochgeschw­indigkeits­strecken“. Die Linzer produziere­n „Spezialsta­hlteile“für die Autoindust­rie, die nur unwesentli­ch schwerer sind als jene aus Aluminium. Die Voest entwickelt Metallpulv­er für den 3-D-Druck, Titanteile für die Flugzeugin­dustrie.

Antidumpin­gbestimmun­gen

Ob im Herbst auch der Startschus­s für den Bau eines Edelstahlw­erks in Kapfenberg fallen wird, bleibt allerdings ungewiss. 300 Millionen Euro Investment bis 2021 und 3000 Arbeitsplä­tze hängen davon ab, wie sich der Strompreis in Europa entwickeln wird. Und die Aussichten sind eher mau. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Eder und fügt hinzu: „Das Umfeld ist nicht sehr motivieren­d.“Und mit Umfeld meint er natürlich auch die politische­n Rahmenbedi­ngungen, beißt sich aber sofort auf die Zunge. Er wolle nichts mehr zur österreich­ischen Innenpolit­ik sagen.

Dann lieber zur amerikanis­chen Großwetter­lage. US-Präsident Donald Trump hat bekanntlic­h mit einigen Importbesc­hränkungen ernst gemacht. Auch die Voest ist davon betroffen. „Aber nur am Rande“, sagt Eder.

1,5 Milliarden Dollar hat die Voest in den vergangene­n fünf Jahren in den USA investiert, 90 Prozent der Güter für den US-Markt produziert die Voest also in den USA. Nur zehn Prozent werden aus Europa eingeführt. Diese unterliege­n nun den Antidumpin­gbestimmun­gen, „obwohl es diese Produkte in dieser Qualität in den USA nicht gibt“, sagt Eder. Ob dieser Protektion­ismus der veralteten USStahlind­ustrie auf die Sprünge hilft? Derzeit sieht Eder „keine beeindruck­ende Performanc­e“.

Aber auch das ist bekanntlic­h eine andere Baustelle. (gh)

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