Francesca Habsburg verlässt Wien
Kunst. „Ich bin dort, wo der Fokus unserer Arbeit ist“, sagt die Kunstsammlerin – und zieht nach London. Ein Großteil ihrer TBA21-Sammlung geht nach Prag, nur das Büro der Stiftung soll in Wien bleiben.
Jetzt geht sie wirklich. Angekündigt hat es Francesca Habsburg ja schon lang. 2002 hatte sie ihre Sammlung begonnen, 2004 die TBA21-Stiftung in Wien gegründet und seither viele große Kunstprojekte mitfinanziert. Seit 2012 bespielt sie das ehemalige AmbrosiAtelier im Augarten, untervermietet vom Belvedere. Zweimal im Jahr beauftragt TBA21 dort Künstler für komplexe Einzelausstellungen, Olafur Eliasson, Ragnar Kjartansson oder derzeit Allen Sekula.
Mittlerweile seien die Kosten für die Lagerung und den zunehmenden Leihverkehr ihrer Sammlung fast so hoch wie die Produktionskosten, erklärte sie vor zwei Jahren. Also begab sie sich auf die Suche nach einem permanenten Aufstellungsort. Erst sollte es ein Pavillon im Schweizer Garten gleich neben dem 21er-Haus in der Nähe des Hauptbahnhofs sein. Aber die Stadt Wien entschied dagegen. Im November 2015 las man plötzlich, dass sie überlege, ihre TBA21-Kunstsammlung nach Zürich zu übersiedeln. Heuer wurde es dann konkret, allerdings in anderen Städten: Im März unterzeichnete Habsburg eine Kooperation mit dem Museum Moderner Kunst in Warschau. Dort wird eben jener in Wien verschmähte Pavillon aufgestellt. Vom österreichischen Architekten Adolf Krischanitz für die Temporäre Kunsthalle in Berlin gebaut, steht die Halle jetzt an der Weichsel.
Vor allem aber unterzeichnete Habsburg im Februar den Vertrag mit der Prager Nationalgalerie. Ab 2018 wird ein großer Teil der TBA21-Sammlung dort als zunächst fünfjährige Dauerleihgabe ausgestellt. Was Wien nicht schaffte, gelang der tschechischen Hauptstadt: TBA21 erhält ein großes, klassizistisches Palastgebäude, das Salmovsky-Palais. Und nicht nur das, auch wird es eine extensive Zusammenarbeit mit der Nationalgalerie geben, inklusive neuer Künstleraufträge. Endlich könne sie wieder weitersammeln, zitierte sie Adam Budak, Kurator an der Nationalgalerie, der einst für eine Ausstellung im Grazer Kunsthaus schon mit Habsburgs Sammlung Bekanntschaft schloss.
Vertrag mit Belvedere läuft aus
Für sie sei die Kooperation „eine Anerkennung für die harte Arbeit der letzten 15 Jahre“, erklärte Habsburg und betonte zugleich: „Der Hauptsitz der Stiftung wird auch in Zukunft in Wien verbleiben.“Aber wo und wie will sie ihr weiteres Programm umsetzen, wenn der Vertrag mit dem Belvedere über die derzeitigen Ausstellungsräume im Augar- ten heuer ausläuft? Und wenn ihre Chefkuratorin, Daniela Zyman, in Prag mitarbeiten wird? Und vor allem, wenn Francesca Habsburg Wien verlässt und nach London zieht? „Wir sind extrem beschäftigt, und ich bin dort, wo der Fokus unserer Arbeit ist. Traurigerweise ist das nicht mehr Wien“, erklärt sie per E-Mail der „Presse“. „In Wien bin ich noch, um im TBA21-Büro zu arbeiten – das ändert sich nicht. Das TBA21-Hauptquartier wird hier auch bleiben, das Herz und die Seele der Stiftung.“Sie werde auch weiterhin ein Projekt pro Jahr hier produzieren. Ihre Entscheidungen seien auch dezidiert nicht gegen Wien gerichtet, aber die Möglichkeiten an anderen Orten seien „mehr herausfordernd und attraktiver“.
Und doch ist es ein klarer Bruch. Denn bisher lud sie regelmäßig Künstler, Theoretiker und Gäste aller Art aus der ganzen Welt nach Wien ein, in ihr mondänes Dachapartment in der Gumpendorfer Straße, zu Ausstellungen im Augarten, zu Vorträgen auf der kleinen Bühne im Park. Keine andere Institution in Wien ist so global ausgerichtet wie TBA21 – das wird in der Stadt eine deutliche Lücke hinterlassen.