Dann bleibt halt unter euch
Gastkommentar. Ich bin Feministin. Und ich habe ein Problem mit dem jetzigen Frauenvolksbegehren, das nicht linke Feministinnen negiert.
Mit 15 habe ich Simone de Beauvoir entdeckt, und seit diesem Moment bezeichne ich mich als Feministin. Mit den Jahren kamen andere auf meine Leseliste – zumal im Politikwissenschaftsstudium Gender Studies Teil des Lehrplans waren. Zu dieser Zeit habe ich mich als Feministin unwohl gefühlt: In den Seminaren wurde ständig die Unterschiedlichkeit der Geschlechter betont und daraus die Förderwürdigkeit der Frau abgeleitet. Ich wusste: Das bin ich nicht. Denn ich verweigere die Festschreibung meiner persönlichen Eigenschaften aufgrund meines Geschlechts.
Dann bin ich auf E´lisabeth Badinter gestoßen und mit ihr auf die Möglichkeit, meinen feministischen Wertekompass mit meinem liberalen zu kalibrieren. Die französische Feministin hat es auf den Punkt gebracht: „In politischen Parteien, ob links oder rechts [. . .], geht man von zwei Hauptannahmen aus: Frauen sind immer Opfer der Männer und brauchen besonderen Schutz; Frauen unterscheiden sich essenziell von Männern, und die Gleichberechtigung der Geschlechter muss diese Unterschiedlichkeit berücksichtigen.“
Daran musste ich denken, als vor einer Woche das Frauenvolksbegehren präsentiert wurde. Vorgestellt als „breite BürgerInnenBewegung“und als „parteiunabhängig“, wurde ich beim Lesen der Forderungsliste tatsächlich traurig: Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns; Reduktion der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich und, und, und. Traurig, weil mir beim Lesen klar wurde: Hier bin ich nicht gewollt. Dieses Frauenvolksbegehren schließt aus – ganz bewusst.
Ein Mehr an Verboten
Es schließt Frauen wie mich aus, die ein Problembewusstsein um die noch immer nicht existierende Gleichberechtigung der Geschlechter teilen – zu wenig Teilhabe an voller Erwerbstätigkeit, manifestierte Geschlechtsstereotype, Hauptlast bei Pflege- und Erziehungsarbeit etc. Der Lösungsweg, den das Frauenvolksbegehren vorstellt, ist jedoch wahrlich kein breiter, „überparteilicher“, sondern ein ganz schmaler, weil rein linker. Da will man ein gewaltiges Mehr an Sozialstaat und Verboten, anstatt den Frauen ein Mehr an Möglichkeiten zu geben.
Ja, es ist ein unglaubliches Problem, dass wir in den Köpfen noch immer das Bild haben, „wie Mädchen/Buben zu sein haben“. Mit der faktischen Auswirkung, dass viele Mädchen dann eben schlecht bezahlte, aber „weibliche“Berufe wählen. Oder das Problem der unterschiedlichen Bezahlung bei tatsächlich ähnlicher Arbeit: Kollektivverträge entlohnen körperliche Arbeit in typischen „Männerberufen“besser, als die KVs es bei körperlicher Arbeit in „Frauenberufen“tun. Könnte man ja ändern.
Das Frauenvolksbegehren versucht aber mit keinem Minischritt auf die Frauen zuzugehen, die sich für Gleichberechtigung einsetzen, aber den Weg dorthin nicht in linker Arbeits-, Sozial- und Verbotspolitik sehen. Genau das finde ich so unglaublich schade.
Gäbe es denn nicht einen Weg, dass wir uns alle – Linke, Konservative, Liberale – an einem Tisch finden? Nein – richtet eine Unterstützerin des Volksbegehrens auf Twitter aus. Denn: „Feminismus ist links – oder es ist kein Feminismus.“Okay, dann bleibt halt unter euch!