Rauerredner der Republik
auf dem Motorroller zu seiner Geliebten davonstahl, war er vollends zum Gespött des Boulevards und der Nation geworden.
Die Seifenoper um seine Affäre stellte selbst die seiner Vorgänger noch in den Schatten. Die Journalistin Valerie´ Trierweiler, seine Ex-Lebensgefährtin, charakterisierte ihn in einem Enthüllungsbuch als kalt, abgehoben und arrogant. Er selbst breitete sich in monatelangen Sitzungen gegenüber Journalisten aus, die die Frage provozierten, wann er denn eigentlich Zeit zum Regieren finde.
Aufstand von links und rechts
Innen- und wirtschaftspolitisch traute er sich erst nicht über die überfälligen Strukturreformen, und als er sie dann anging, endeten sie in halbherzigen Versuchen und scheiterten letztlich am Widerstand der Gewerkschaften und am Protest der Bevölkerung. Am Ende hatte er links wie rechts gegen sich aufgebracht. An ihm klebt das Etikett des unpopulärsten Präsidenten, von dem Biografen indessen behaupten, womöglich werde die Geschichte ihn rehabilitieren.
In der Außenpolitik zeigte er derweil Flagge. Als der Bürgerkrieg in der Exkolonie Mali zu eskalieren drohte, zögerte er nicht mit einer Intervention. Im Ukraine-Konflikt stellte er sich als Vermittler an die Seite Angela Merkels. Die Abstimmung mit Deutschland in EU-Fragen klappte reibungslos.
Seine vielleicht stärksten Momente hatte Hollande indes als Trauerredner und als – zumindest rhetorischer – Antiterrorkämpfer, als Schutzherr einer von zahllosen Terrorschlägen bedrohten Nation: vom Anschlag gegen die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“über die Terrorserie des „schwarzen Freitags“im November 2015 in Paris bis zum Attentat am Nationalfeiertag in Nizza. Nie wirkte er entschlossener als bei der Ausrufung des Ausnahmezustands in Versailles.
Dass seine Partei am Ende seiner Präsidentschaft am Boden liegt, dass ihn sein Protege´ Emmanuel Macron im Stich ließ, der ihm „alles zu verdanken hat“, wie Hollande sagt – das hat an ihm genagt. Zuletzt aber forderte er ein ums andere Mal zur Wahl Macrons auf, um Marine Le Pen eine möglichst schwere Schlappe zuzufügen. Schließlich begreift er sich ja quasi als Erfinder Macrons.
Ehe er im E´lyse´e in einer Woche den roten Teppich für seinen Nachfolger ausrollen lässt, gedenkt er heute des Endes des Zweiten Weltkriegs, um sich anschließend in Berlin von Angela Merkel zu verabschieden. Für Kontinuität aus seiner Sicht ist also gesorgt.