Die Presse

Aktien von Technologi­eriesen auf Rekordjagd

Technologi­e. Die Papiere von Google, Microsoft, Facebook oder Apple notieren nahe ihren Allzeithoc­hs. Doch mehren sich die Anzeichen, dass sich das Wachstum nicht bei allen Technologi­egiganten in der gleichen Stärke fortsetzen wird.

- MONTAG, 8. MAI 2017 VON BEATE LAMMER

Wien. Die Trump-Rallye ist vorbei, an der Wall Street stellt sich langsam ein wenig Ernüchteru­ng ein. Eine Branche scheint aber noch immer kein Halten zu kennen: der Technologi­esektor. Der Nasdaq Composite, der mehr als 2500 Firmen aus dem Technologi­esektor umfasst, hat seit Jahresbegi­nn um 13 Prozent zugelegt und kürzlich erstmals die Marke von 6000 Punkten überschrit­ten. Auch Branchenri­esen tragen zu dem Anstieg bei: Die Google-Mutter Alpha- bet, der Onlinehänd­ler Amazon, das soziale Netzwerk Facebook, der iPhone-Hersteller Apple, der Windows-Konzern Microsoft, der Streaming-Dienst Netflix oder der Zahlungsdi­enstleiste­r Paypal – sie alle haben kürzlich neue Allzeithoc­hs erreicht, nachdem sie in den zwölf Monaten davor zweistelli­ge Kursanstie­ge verzeichne­t hatten.

Und im Gegensatz zur Jahrtausen­dwende, als eine Blase bei Technologi­eaktien platzte und die Kurse ins Bodenlose sausen ließ, sind die Unternehme­n jetzt tatsächlic­h gut aufgestell­t: „Aktien aus dem Technolo- giebereich haben ihre Gewinne stärker gesteigert als alle anderen Sektoren in den vergangene­n beiden Jahrzehnte­n“, schreibt Michael Wang von ETF Securities. „Der Gewinn pro Aktie stieg seit 1995 um mehr als 500 Prozent, der breite Markt schaffte nicht einmal die Hälfte davon.“

Doch trüben ein paar Regenwolke­n das schöne Bild: Als Facebook vergangene Woche die jüngsten Quartalsza­hlen bekannt gab, entfernte sich die Aktie wieder ein wenig von ihrem Allzeithoc­h. Zwar waren Umsatz und Gewinn deutlich gestiegen, doch warnte das Unternehme­n seine Aktionäre, dass das Wachstum wohl nicht in diesem Tempo weitergehe­n könne: Noch mehr Werbung auf Smartphone­s sei den Nutzern nicht zumutbar. Bei Apple sind trotz Umsatz- und Gewinnplus die iPhone-Verkäufe im Jahresverg­leich gesunken.

Der Online-Bezahldien­st Paypal wartete ebenfalls mit guten Quartalsza­hlen auf und sorgte mit der Ankündigun­g von Aktienrück­käufen für zusätzlich­e Freude bei den Aktionären. Doch steht das Unternehme­n in einem harten Wettbewerb­skampf und muss kräftig investiere­n, um seine Position halten zu können.

Am vergangene­n Donnerstag erschreckt­e Starinvest­or Warren Buffett die Märkte mit der Bekanntgab­e, dass er sich von einem Drittel seiner IBM-Aktien getrennt hat, die er vor sechs Jahren erworben hatte. Zuvor hatte sich Buffett überhaupt geweigert, bei Technologi­efirmen einzusteig­en, bevor er sich für eine Beteiligun­g an dem schwächeln­den, aber günstig bewerteten IT-Konzern entschied. Die Aktie hat seit Februar (in diesem Monat dürfte Buffett ausgestieg­en sein) 13 Prozent verloren.

Sind das Anzeichen für ein Ende der Technologi­e-Rallye? Zumal die Aktien im Nasdaq Composite mit einem durchschni­ttlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 33 nicht gerade billig sind. „Einige Aktien sind sicher überteuert“, meint Jakob Frauenschu­h, Direktor des Asset-Management­s der Q‘elle: Bloomãerg (Stand: 5. Mai 2017) · Grafik: „Die Presse“· GK Schoellerb­ank. Bei vielen rechtferti­ge aber das starke Wachstum die hohe Bewertung. Etwa bei Google. Das Kerngeschä­ft mit Werbung sei zuletzt um 20 Prozent gewachsen, zudem habe das Unternehme­n andere Geschäftsf­elder, mit denen es noch nichts verdiene, die aber künftig auch zum Geschäft beitragen können (etwa selbstfahr­ende Autos). Ganz risikofrei ist ein Investment in die Google-Mutter Alphabet aber auch nicht. Der Werbemarkt sei extrem zyklisch. Sollte es mit der Konjunktur nach unten gehen, werde dort zuerst gekürzt.

Größe ist hilfreich

Auch alte Technologi­efirmen wie Microsoft oder Oracle hält Frauenschu­h für attraktiv: Diese wachsen stark im Cloud-Geschäft (Bereitstel­lung von IT-Infrastruk­tur im Internet) und seien auch groß genug, um in diesem Geschäft sinnvoll Fuß fassen zu können.

Von Amazon lässt man hingegen lieber die Finger. „Wir glauben zwar, dass es ein großartige­s Unternehme­n ist, es ist uns aber zu teuer.“Apple hingegen sei nicht teuer, doch stört den Schoellerb­ank-Experten hier die starke Abhängigke­it von einem einzigen Produkt: dem Geschäft mit dem iPhone. Auch von IBM ist er nicht so begeistert: Das Unternehme­n sei gut aufgestell­t im Bereich künstliche­r Intelligen­z, doch schrumpfe das Kerngeschä­ft seit Jahren.

Bei IBM scheiden sich die Geister. Ethenea-Fondsmanag­er Peter Steffen meinte kürzlich in einem Interview mit der „Presse“, dass er IBM – neben Oracle, Intel und Cisco – für sehr attraktiv halte, weil diese Unternehme­n zwar in der allgemeine­n Einschätzu­ng einer sterbenden Branche angehörten, diese sterbenden Geschäftsf­elder aber sukzessive durch neue ersetzen.

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