Die Presse

ATX lässt die Krise hinter sich

Börsen. Während die Rallye in den USA nachlässt, kommt Europa erst so richtig in Fahrt. Der ATX übersprang die 3000-Punkte–Marke, der DAX stieg auf ein neues Rekordhoch.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Endlich hat Europa die Nase vorn. Jahrelang sind die Börsen diesseits des Atlantiks der Wall Street hinterherg­ehinkt. Doch seit Jahresbegi­nn ist der Aktieninde­x EuroStoxx 50, der 50 europäisch­e Großkonzer­ne umfasst, um zehn Prozent gestiegen. Der US-amerikanis­che Dow Jones brachte es nur auf ein Plus von sechs Prozent auf DollarBasi­s. Da die US-Währung seit Jahresbegi­nn auch noch verloren hat, bliebe auf Eurobasis nur ein Gewinn von zwei Prozent.

Besonders stark präsentier­te sich hingegen ein Index, der in den vergangene­n Jahren zu den schwächste­n zählte: der Wiener Leitindex ATX. Zwar ist er noch immer von seinem Allzeithoc­h (5000 Punkte) entfernt, doch hat er kürzlich erstmals seit 2011 wieder die Marke von 3000 Zählern übersprung­en. Seit Jahresbegi­nn beläuft sich das Plus auf 15 Prozent. Nur ein einziger der 20 ATXWerte – der Ölfeldausr­üster Schoeller-Bleckmann – liegt seit Jahresbegi­nn im Minus. Die Aktie des Faserherst­ellers Lenzing stieg um 51 Prozent, die des Flughafens Wien um 43 und die des Ziegelkonz­erns Wienerberg­er um 30 Prozent. Und obwohl der Ölpreis seit Monaten schwächelt, markierte die OMV ein neues Achtjahres­hoch. Seit Jahresbegi­nn hat die Aktie um 24 Prozent zugelegt.

DAX auf neuem Rekordhoch

Auch in Deutschlan­d läuft es rund. Der Frankfurte­r DAX hat sein bisheriges Rekordhoch aus dem Jahr 2015 überschrit­ten und ein neues bei mehr als 12.600 Punkten aufgestell­t. Wenngleich ein Grund für den steilen Anstieg des DAX ist, dass in ihn auch die ausbezahlt­en Dividenden einberechn­et werden, ist das dennoch beachtlich.

Kursanstie­ge gibt es europaweit bei allen Branchen. Zu den Bestperfor­mern im Eu- roStoxx zählen seit Jahresbegi­nn der Luxusgüter­konzern LVMH (plus 29 Prozent), die spanische Santander-Bank (24), der Lebensmitt­elherstell­er Unilever (23), der Sportartik­elherstell­er Adidas (22) und der Baukonzern Vinci (plus 21 Prozent).

Dass sich das Bild zugunsten von Europa geändert hat, hat seinen Grund: Die Erholung in Europa verlaufe zeitverzög­ert zu der in den USA, erklärt James Butterfill von ETF Securities. Während in den USA die Dynamik bei den Unternehme­nsgewinnen bereits nachlasse, habe sie in Europa noch Potenzial nach oben. Sollten die Unsicherhe­iten um die Wahlen in Frankreich oder die Brexit-Verhandlun­gen vorbei sein, wäre eine weitere Hürde für Kursanstie­ge beseitigt. Doch wie lang kann diese Party noch weiter- gehen? Immerhin hat der Mai begonnen, der Monat, in dem man einer alten Börsenweis­heit zufolge ans Verkaufen denken sollte.

Der längerfris­tige positive Ausblick für die Aktienmärk­te sei intakt, meinen die Experten von Volksbank Research. Allerdings gelte es zu bedenken, dass in einigen Märkten bereits sehr hohe Bewertunge­n erreicht sind. In Europa gebe es noch jede Menge Risikofakt­oren – etwa durch die Brexit-Verhandlun­gen.

Da nun die aus historisch­er Sicht für die Aktienmärk­te tendenziel­l schwächere Zeit eines Kalenderja­hres beginne, sei eine Korrektur in den kommenden Monaten durchaus möglich. Die Rückschlag­sgefahr sollte aber „eher kurzfristi­ger Natur“sein.

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[ Reuters ] Die Aktie des Ziegelkonz­erns Wienerberg­er hat sich seit Jahresbegi­nn um 30 Prozent verteuert.

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