Die Presse

Auf Aktien soll man auch heuer nicht verzichten

Börsen. Auch wenn die Märkte rund um den Globus schon kräftig zugelegt haben, dürfte zumindest heuer noch ein gutes Jahr werden, meinen Experten. Doch in welche Länder und Branchen soll man mit seinem Geld gehen?

- VON RAJA KORINEK

Wien. Trotz der vielen politische­n Turbulenze­n klettern die meisten Börsenbaro­meter auch heuer munter hinauf. So hat der Dow Jones in den USA im Februar die Marke von 20.000 Punkten übersprung­en. In Europa verzeichne­te etwa der deutsche Leitindex DAX ebenfalls neue Höchststän­de. Selbst der ATX, der Leitindex der heimischen Börse, knackte nach Langem soeben wieder die Marke von 3000 Punkten.

Verständli­ch, wenn sich jetzt die Frage stellt, ob die Märkte weiter steigen. Tim Hayes, Chief Global Investment Strategist bei Ned Davis Research Group, auf dessen Auswertung­en etwa der NDR Active Allocation Kathrein Fund der Kathrein Privatbank basiert, ist überzeugt davon. Denn die Märkte konzentrie­rten sich zunehmend auf Fundamenta­ldaten. „Und die verbessern sich“, so Hayes.

Mehrere Wirtschaft­sindikator­en stimmen den Strategen positiv. Etwa der US-Einkaufsma­nagerindex, der nach oben gedreht hat. Hinzu komme, dass die Unternehme­nsgewinne allmählich steigen, während die Kurse vieler Aktien zuletzt etwas korrigiert haben. Mit einer angenehmen Nebenwirku­ng: Die Bewertunge­n gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sind dadurch gesunken, wenn auch diese Kennzahl insgesamt auf einem relativ hohen Niveau verharrt. Allein für den MSCI Weltindex liegt das KGV bei knapp 22. Vor wenigen Wochen touchierte es noch die Marke von 23. Das stimmt Hayes zuversicht­lich: „Der kleine Rücksetzer bietet Gelegenhei­t, in die Aktienmärk­te einzusteig­en. Der Bullenmark­t sollte heuer anhalten.“

Wohin mit dem Geld?

Doch wohin mit dem Geld? Regional favorisier­t Monika Rosen, Chefanalys­tin der Bank Austria, vor allem Europa. „Die Wachstumsa­ussichten stimmen uns optimistis­ch“, sagt Rosen. Auch Japan werde auf- grund der weiter expansiv agierenden Notenbank favorisier­t, genauso die Schwellenl­änder. „Schließlic­h erholen sich die Rohstoffmä­rkte wieder“, sagt die Expertin. Und das kommt zahlreiche­n Emerging Markets zugute.

Lohnen kann sich auch der Blick auf einzelne Branchen. Laut Hayes sind sie unterschie­dlich teuer bewertet. Für den Vergleich zieht der Experte etwa die Gewinnrend­ite heran. Diese Kennzahl ist das umgekehrte KGV, es wird also der Gewinn einer Aktie durch den aktuellen Aktienkurs dividiert. Gemessen an der künftigen Gewinnrend­ite ist derzeit der Finanzsekt­or mit geschätzte­n 8,2 Prozent am günstigste­n bewertet, gefolgt vom Telekomsek­tor (6,7 Prozent). Am teuersten ist der Immobilien­sektor, hier liegt diese Kennzahl bei mageren 4,5 Prozent.

Im Vergleich dazu macht der Rentenmark­t derzeit wenig Freude. Der Grund ist, dass die Renditen noch immer auf historisch tiefen Niveaus verharren. Daran hat sich trotz des jüngsten Anstiegs bei der Inflations­rate wenig geändert. Auch für die kommenden Jahre gibt sich Ralph Gasser, leitender Anleihespe­zialist bei GAM, wenig optimistis­ch: „Anleger müssen mit negativen Erträgen rechnen“, lautet sein Fazit.

Stolperste­in EZB

Als konkretes Beispiel verweist Gasser etwa auf die fünfjährig­en deutschen Bundesanle­ihen. Hier könnten die Kursverlus­te für die kommenden sechs Jahre in Summe rund zehn Prozent ausmachen. Und zwar nicht aufgrund der gestiegene­n Inflation. Vielmehr liege es an den Verwerfung­en aufgrund des Anleihekau­fprogramms der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Solange es noch intakt ist, werden die Anleihekur­se dadurch gestützt. Sollte es aber einmal gestoppt werden, würde ein wichtiger Käufer wegfallen. Bis Jahresende dürfte es – wenn auch in reduzierte­n Umfang – zwar weitergehe­n, meint Gasser. Doch es gebe erste Signale seitens der EZB, das Programm dann allmählich zu überdenken.

Zu noch mehr Vorsicht rät der Bondprofi bei Unternehme­nsanleihen. Seit Einführung der strengen Bankenrege­ln mit Basel III sei es für die Geldhäuser in Europa teuer geworden, diese Wertpapier­e im Eigenbesta­nd zu halten. Viele haben sich daher vom Markthande­l zurückgezo­gen.

Allerdings läuft der Großteil des Anleihehan­dels über Banken, weshalb der Handel illiquider geworden ist. „Das müsste eigentlich mit einer höheren Rendite kompensier­t werden, was aber nicht der Fall ist“, moniert Gasser.

Auch hier hinterließ­en zudem die EZB-Käufe tiefe Spuren. Historisch verdienten Anleger – etwa im BBB-Bereich – rund 0,5 Prozentpun­kte mehr mit europäisch­en Unternehme­nsanleihen als mit jenen aus den USA. Nun erhält man mit US-Unternehme­nsanleihen rund 0,30 Prozentpun­kte mehr.

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