Glaskobel für Nichtraucher nicht nötig
Einkaufszentrum. Höchstgericht stellt klar: In Shopping-Malls brauchen zwar Raucher baulich komplett abgetrennte Räume, nicht aber Nichtraucher, wie das Verwaltungsgericht Wien meinte.
Wien. Gastronomiebetriebe in Einkaufszentren, die für Raucher einen nach allen Seiten abgetrennten Raum eingerichtet haben, brauchen nicht auch für Nichtraucher einen solchen Raum zu schaffen. Das geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) hervor, der damit eine strengere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien korrigiert hat: Das Gericht erster Instanz hatte einen Lokalbetreiber unter anderem dafür bestraft, dass im eigenen Raucherraum geraucht worden war und dass darin keine Rauchverbotszeichen angebracht gewesen waren.
Tatort war ein Unterhaltungszentrum im Untergeschoß der Millennium City, eines Einkaufszentrums in Wien Brigittenau. Dort bewirtet ein Kaffeerestaurant seine Gäste, die zugleich an Automaten, Bowlingbahnen, Billardoder Tischtennistischen spielen können. Über ein offenes Stiegenhaus ist das Untergeschoß mit dem restlichen Einkaufszentrum am Fuß des markanten Millennium Tower verbunden.
Rauchen beim Bowling
Das bedeutet aus Sicht des Nichtraucherschutzes: Das Lokal gehört zu „Räumen öffentlicher Orte“, in denen generell Rauchverbot herrscht und bei Bedarf bloß einzelne, komplett abgetrennte Raucherräume eingerichtet werden dürfen. Ein aufmerksamer Beobachter des Rauchgeschehens im weitläufigen Untergeschoß beobachtete allerdings mehrere Verstöße gegen das Rauchverbot und protokollierte sie akribisch: So habe der Betreiber des Lokals nicht verhindert, dass „am 21. November 2013 um ca. 22.22 Uhr“im Bowlingbereich geraucht wurde. Tatsächlich war der – baulich in keiner Weise abgetrennte – Bowlingbereich zu der Zeit als Raucherbereich gedacht, weshalb dort auch Aschenbecher standen.
In diesem Punkt war die Bestrafung durch den Magistrat, wie sie auch das Verwaltungsgericht bestätigte, unangreifbar: Als Teil eines Raums eines öffentlichen Ortes unterliegt der Bowlingbereich genauso dem Rauchverbot wie das Stiegenhaus oder die Gänge.
Ganz anders verhält es sich aber bei einem Raucherraum, der ebenfalls im Untergeschoß zu finden ist. Er bietet 50 Personen Platz und ist rundherum mit Glaswänden abgetrennt, die bis an die Decke reichen. Der Gastwirt wurde auch dafür bestraft, dass in dem Kobel geraucht wurde. Das Verwaltungsgericht hielt das für angebracht, weil dieser Raucherraum der einzige allseitig verschlossene Raum innerhalb der Betriebsanlage war und ist: Er müsse demnach als der Hauptraum des Lokals angesehen werden, der zwingend rauchfrei zu halten sei, meinte das Verwaltungsgericht.
Die Folge wäre, dass Lokale in Shopping Malls nicht bloß für Rau- cher eigene Räume bereithalten müssten, sondern auch für Nichtraucher. Das geht dem vom Betreiber mit einer außerordentlichen Revision angerufenen VwGH aber zu weit: Ziel der Verpflichtung zur Schaffung eines eigenen Raucherraums sei der Schutz der Nichtraucher vor Kontakt mit Tabakrauch. „Dieses Ziel wird durch die Errichtung eines den entsprechenden Erfordernissen genügenden Raumes (allseitige Abtrennung, grundsätzlich geschlossene Türen, Anm.) auch dann erreicht, wenn die Nichtraucher nicht ihrerseits ebenfalls in einem – weiteren – baulich vollständig abgetrennten Raum versorgt werden“, so der VwGH (Ra 2015/11/0118).
Übers Ziel geschossen
Vor diesem Hintergrund wäre eine Verpflichtung des Betreibers, auch Nichtraucherbereiche baulich voll- ständig von den übrigen Betriebsbereichen abzutrennen, „auch überschießend“, weil zur Erreichung des vom gesetzlichen Nichtraucherschutz gesteckten Ziels nicht erforderlich.
Der VwGH hat deshalb die Bestrafung des Wirts wegen Rauchens im Raucherraum aufgehoben. Logischerweise konnte dann auch die vom Magistrat ausgesprochene und vom Verwaltungsgericht bestätigte (und nur reduzierte) Strafe nicht halten, die der Betreiber wegen der Ausschilderung des Kobels ausgefasst hatte: mit Hier-darf-geraucht-werden-Schildern statt mit roten Rauchverbotszeichen. Höchstgerichtlich bestätigt wurde demnach nur die Strafe wegen des Rauchens im Bowlingbereich – und wegen zweier Zeiträume im Februar 2014, in denen Türen zum Raucherraum offengestanden waren.