Die Presse

Schulklass­e eingeladen, Gönner haftet

Schadeners­atz. Liftbetrei­ber hätte vorab klären müssen, ob Sonderschü­ler Hilfe brauchen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Auch gut gemeinte Einladunge­n können vor Gericht enden, wie eine aktuelle Entscheidu­ng des Obersten Gerichtsho­fs zeigt. Es galt die Frage zu klären, ob der Gastgeber genügend Vorkehrung­en für seine Gäste getroffen hatte.

Eine GmbH, die einen Skilift betreibt, hatte eine Sonderschu­lklasse eingeladen, einen Tag in ihrem Skigebiet zu verbringen. Auf einer Bergfahrt aber kam es zu einem Unglück. Eine Schülerin blieb an der Ausstiegss­telle einfach sitzen – warum, ließ sich im Nachhinein nicht mehr klären. Die neben ihr mitfahrend­e Lehrerin reagierte und zog die Schülerin aus dem Sessel. Dabei verletzte sich aber die Lehrerin und forderte darauf knapp 7500 Euro Schadeners­atz von der Skiliftbet­reiberin.

Das Bezirksger­icht Kufstein sah keinen Grund für Schadeners­atz und wies die Klage ab. Das Landesgeri­cht Innsbruck kam der Lehrerin schon mehr entgegen. Und erklärte, dass sie ein Recht habe, ein Viertel des Schadens ersetzt zu bekommen.

Der Liftbetrei­berin könne man zwar kein Verschulde­n vorwerfen. Das auch für Skilifte geltende EKHG (Eisenbahn- und Kraftfahrz­eughaftpfl­ichtgesetz) sieht aber eine verschulde­nsunabhäng­ige Haftung vor. Allerdings ist man auch davon befreit, wenn der Unfall durch ein unabwendba­res Ereignis verursacht wurde.

Dieser Entlastung­sbeweis sei der Liftbetrei­berin nicht gelungen, meinte das Oberlandes­gericht. Es stimme zwar, dass der Liftwart erst nicht habe erkennen können, dass es beim Aussteigen der Schülerin Probleme geben könne. Und als die Schwierigk­eiten offenbar wurden, habe der Liftwart unverzügli­ch reagiert. Aber man müsse der Liftbetrei­berin vorwerfen, dass sie nicht bereits im Vorfeld abgeklärt habe, ob Schüler der Klasse einer besonderen Unterstütz­ung bedürfen. Also etwa, ob man den Lift verlangsam­en müsse, wenn die Schüler ein- oder aussteigen.

OGH: Risiko im Vorhinein klar

Die Liftbetrei­berin wandte sich noch an den Obersten Gerichtsho­f (OGH). Dieser betonte, dass „im Rahmen des Zumutbaren alles vermieden werden muss, was zur Entstehung einer gefahrentr­ächtigen Situation führen könnte“. Unter diesem Blickwinke­l könne man tatsächlic­h fordern, dass man als Liftbetrei­ber im Vorfeld eines Besuchs einer Sonderschu­lgruppe abklärt, ob besondere Maßnahmen vonnöten sind.

„Eine Sorgfaltsp­flicht wird damit nicht überspannt, weil der Beklagten das mit dem Besuch einer Sonderschu­lklasse verbundene erhöhte Risiko bekannt war“, erklärten die Höchstrich­ter (2 Ob 3/17f ). Das unterschei­de den Fall von anderen, in denen nicht im Vorhineine klar sein musste, dass die Liftbenütz­er besonderer Unterstütz­ung bedürfen.

Die Lehrerin, die sich bei der Hilfe für die Schülerin verletzt hat, erhält somit ein Viertel ihres Schadens ersetzt. Für den Rest muss sie aber selbst aufkommen, weil sie laut dem Urteil größtentei­ls selbst schuld an ihrer Verletzung sei.

 ?? [ Feature: APA/B. Gindl ] ?? Bei Sessellift­en muss man an der Ausstiegss­telle Vorsicht walten lassen.
[ Feature: APA/B. Gindl ] Bei Sessellift­en muss man an der Ausstiegss­telle Vorsicht walten lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria