Schulklasse eingeladen, Gönner haftet
Schadenersatz. Liftbetreiber hätte vorab klären müssen, ob Sonderschüler Hilfe brauchen.
Wien. Auch gut gemeinte Einladungen können vor Gericht enden, wie eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zeigt. Es galt die Frage zu klären, ob der Gastgeber genügend Vorkehrungen für seine Gäste getroffen hatte.
Eine GmbH, die einen Skilift betreibt, hatte eine Sonderschulklasse eingeladen, einen Tag in ihrem Skigebiet zu verbringen. Auf einer Bergfahrt aber kam es zu einem Unglück. Eine Schülerin blieb an der Ausstiegsstelle einfach sitzen – warum, ließ sich im Nachhinein nicht mehr klären. Die neben ihr mitfahrende Lehrerin reagierte und zog die Schülerin aus dem Sessel. Dabei verletzte sich aber die Lehrerin und forderte darauf knapp 7500 Euro Schadenersatz von der Skiliftbetreiberin.
Das Bezirksgericht Kufstein sah keinen Grund für Schadenersatz und wies die Klage ab. Das Landesgericht Innsbruck kam der Lehrerin schon mehr entgegen. Und erklärte, dass sie ein Recht habe, ein Viertel des Schadens ersetzt zu bekommen.
Der Liftbetreiberin könne man zwar kein Verschulden vorwerfen. Das auch für Skilifte geltende EKHG (Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz) sieht aber eine verschuldensunabhängige Haftung vor. Allerdings ist man auch davon befreit, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde.
Dieser Entlastungsbeweis sei der Liftbetreiberin nicht gelungen, meinte das Oberlandesgericht. Es stimme zwar, dass der Liftwart erst nicht habe erkennen können, dass es beim Aussteigen der Schülerin Probleme geben könne. Und als die Schwierigkeiten offenbar wurden, habe der Liftwart unverzüglich reagiert. Aber man müsse der Liftbetreiberin vorwerfen, dass sie nicht bereits im Vorfeld abgeklärt habe, ob Schüler der Klasse einer besonderen Unterstützung bedürfen. Also etwa, ob man den Lift verlangsamen müsse, wenn die Schüler ein- oder aussteigen.
OGH: Risiko im Vorhinein klar
Die Liftbetreiberin wandte sich noch an den Obersten Gerichtshof (OGH). Dieser betonte, dass „im Rahmen des Zumutbaren alles vermieden werden muss, was zur Entstehung einer gefahrenträchtigen Situation führen könnte“. Unter diesem Blickwinkel könne man tatsächlich fordern, dass man als Liftbetreiber im Vorfeld eines Besuchs einer Sonderschulgruppe abklärt, ob besondere Maßnahmen vonnöten sind.
„Eine Sorgfaltspflicht wird damit nicht überspannt, weil der Beklagten das mit dem Besuch einer Sonderschulklasse verbundene erhöhte Risiko bekannt war“, erklärten die Höchstrichter (2 Ob 3/17f ). Das unterscheide den Fall von anderen, in denen nicht im Vorhineine klar sein musste, dass die Liftbenützer besonderer Unterstützung bedürfen.
Die Lehrerin, die sich bei der Hilfe für die Schülerin verletzt hat, erhält somit ein Viertel ihres Schadens ersetzt. Für den Rest muss sie aber selbst aufkommen, weil sie laut dem Urteil größtenteils selbst schuld an ihrer Verletzung sei.