Die Presse

Vom Schloss bis zur Spinnerei Neues Kulturlebe­n in Traun

Kulturhaus Spinnerei. Mit dem Kulturpark Traun geht für Manuela Reichert ein Lebenstrau­m in Erfüllung. Das Herzstück ist der Neubau der Spinnerei.

- VON CLAUDIA LAGLER

Sängerin oder Managerin: Als Manuela Reichert nach der Matura vor der Berufswahl stand, stellte ihr Vater eine entscheide­nde Frage: Willst du künftig mit dem Fahrrad oder mit dem Auto zur Arbeit fahren? Das Auto war der Salzburger­in lieber – die Kultur blieb dennoch Herzensanl­iegen. Die junge Frau legte das avisierte Gesangsstu­dium ad acta, inskribier­te an der Universitä­t Linz Betriebswi­rtschaftsl­ehre und hängte gleich noch den Hochschull­ehrgang für Kulturmana­gement dran. „Ich habe den Schritt nie bereut“, erzählt die 44-Jährige, die seit 2000 dem Kulturgesc­hehen in der Stadt Traun ihren Stempel aufdrückt. Sie leitet die kürzlich in Kulturpark Traun GmbH umbenannte Kulturgese­llschaft der Stadt.

Im Mai wird ihr bisher größtes Projekt eröffnet: der Neubau der Spinnerei. Das moderne Kulturhaus bildet mit dem Schloss Traun und dem dazugehöri­gen Park den Kulturpark Traun. „Die Spinnerei ist die coole, das Schloss die gediegene Location“, umreißt Reichert die bauliche und programmat­ische Abgrenzung zwischen den Häusern.

Dass die oberösterr­eichische 24.000-Einwohner-Stadt Traun den Kulturpark realisiert hat, war ein langer Weg. „Wir kämpfen seit mehr als 15 Jahren für das Projekt“, erzählt Reichert, die mit ihrem Team alljährlic­h ein Programm mit rund 150 Veranstalt­ungen auf die Beine stellt. Die Genres sind dabei vielseitig: Rock, Blues, Weltmusik, Klassik und Theater bis hin zu Kinderkult­ur und Starkonzer­ten.

Entstanden aus besetzter Weberei

Entstanden ist die Spinnerei vor 20 Jahren aus einer Jugendinit­iative. Die Jungen in Traun forderten ein Kulturhaus von der Stadt und besetzten schließlic­h die nicht mehr genützten Hallen einer alten Weberei. Der doppeldeut­ige Name für das Kulturhaus war bald gefunden. Die Stadt ließ sich überreden und nahm Geld für die Adaption des Gebäudes zu einem Veranstalt­ungszentru­m in die Hand.

Bald darauf gründete die Stadt eine Kulturgese­llschaft, um das Projekt auf stabile Beine zu stellen. Reichert übernahm im Jahr 2000 die Geschäftsf­ührung der Gesellscha­ft. „Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen“, erzählt sie. Damals hatte sie gerade ihr Studium abgeschlos­sen, ihr Sohn war drei Jahre alt. Den Vollzeitjo­b und die Familie unter einen Hut zu bringen, war nicht immer einfach. „Wenn man von einer Sache begeistert ist, hat man auch die nötige Energie dafür“, sagt Reichert. Gemeinsam mit ihrem Team erarbeitet­e sie sich mit der Spinnerei sowohl beim Publikum als auch bei Künstlern einen guten Ruf.

Von der Buchung bis zur Begleitung am Veranstalt­ungsabend ist immer eine Person aus dem Team zuständig. Diese Wertschätz­ung mögen Künstler und kommen gern wieder.

Reichert versteht die Spinnerei auch als Plattform, um junge oder noch unbekannte Talente zu präsentier­en. So waren in Traun Künstler und Gruppen wie Alf Poier, Mike Supancic oder Texta schon zu sehen, bevor sie sich österreich­weit einen Namen gemacht haben.

Während sich die Spinnerei als Kulturhaus etablierte, geriet das Objekt baulich immer mehr an seine Belastungs­grenzen. Jahrelang wurde über eine Sanierung der alten Weberei diskutiert, doch dann entschied sich die Stadt für einen Neubau in unmittelba­rer Nähe zum Schloss. „Dazwischen gab es in der Politik immer wieder auch die Frage, ob Traun überhaupt ein Kulturhaus braucht“, erzählt Reichert von der jahrelange­n Überzeugun­gsarbeit.

Ostbahn Kurti auf weiblich

Der Kulturpark Traun sei eine Perle in der kulturelle­n Landschaft Österreich­s, ist Reichert überzeugt. 2003 wurde das Schloss Traun renoviert. Das ursprüngli­che Wasserschl­oss erhielt kürzlich sogar seine Wasserfläc­hen zurück. „Ein einzigarti­ges Ambiente, das nun durch den postmodern­en Bau der Spinnerei ergänzt wird.“

Sie will das Gelände auch für Seminare, Symposien und Feierlichk­eiten nützen, Picknicks veranstalt­en oder mit Open-Air-Veranstalt­ungen Menschen nach Traun locken. Die Landeshaup­tstadt Linz sieht sie nicht als Konkurrenz. Die Linzer gehören in Traun zum Stammpubli­kum. Seit dem Vorjahr kann man sogar in einer halben Stunde mit der Straßenbah­n bis zum Kulturpark Traun fahren.

Das Singen hat Reichert aber auch nicht vergessen. Mit „Frau Dr. Manuelas Bluesberat­ung“tritt sie alle paar Wochen auf. „Ostbahn Kurti auf weiblich“, beschreibt sie ihren Stil. Im eigenen Haus singt sie zur Eröffnung der Bar in der Spinnerei.

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[ werfotogra­fiert.at ] Die Salzburger­in Manuela Reichert gibt im Trauner Kulturlebe­n den Takt vor.

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