Auferstehung des Schlagwerks
Konzerthaus. Viel junges Publikum animiert Martin Grubingers Projekt „Century of Percussion“im Großen Saal zu Standing Ovations.
Die wachsende Begeisterung für die lange Zeit in die hinteren Reihen der Orchester verbannten Schlaginstrumente liegt sicher nicht allein an dem von Martin Grubinger ausgerufenen Jahrhundert des Schlagwerks. Viel eher ist es das Kommunikationstalent Grubingers, der kein Programmheft braucht, sondern im Verein mit seinem Vater lieber mündlich erläutert, was es mit „Century of Percussion“auf sich hat. Dass der Titel wenig Aufschluss über die Musik gibt, scheint dann auch niemanden mehr zu stören.
Zu verlockend klingt das Versprechen, diesem ersten Programm weitere folgen zu lassen. Sowohl für das Arrangement als auch für die Koordination von Bläsern, Band und Percussionisten verantwortlich zeichnet als Mastermind hinter der Schlagwerkshow Martin Grubinger senior. Samt Partitur positionierte er sich zwar dirigierend inmitten des bühnenfüllenden Instrumentenaufgebots, ließ sich aber dennoch eigene Einsätze auf dem Xylofon nicht nehmen.
Seine viersätzige Suite, für die – wenig verwunderlich – Igor Strawinsky Pate stand, gestaltete sich sehr jazzlastig. Die für Planet Percussion typischen Weltmusikeinsprengsel fehlen aber nicht. Während die Klarinette von Marschmusik zu Klezmer-Sounds überleitete, wurde für einen Ausflug in fernöstli- che Pentatonik das Saxofonsolo von Grubinger junior mit der Handpan (einer umgekehrten Steeldrum) begleitet.
Die flinken Finger des marokkanischen Schlagzeugers Rhani Krija wiederum entführten in arabische Klangwelten. Unter den gängigen und auch im klassischen Bereich etablierten Instrumenten befinden sich allerdings auch diverse Kuriosa: Kieselsteine, Küchenpfannen und ein Marimbafon aus getrockneten Kürbissen.
Nicht nur verschiedene Genres verschmolzen an diesem Abend, auch die Mischung mit Elektronik gelang. Aus „kosmischem“Hintergrundrauschen zu Beginn erhoben sich Grubingers fantastische Rhythmikkombinationen: Konzentriert schien er in überraschenden Folgen und exakten Beschleunigungen zu versinken und damit die Grenze zwischen überbordendem Enthusiasmus und Verrücktheit zu verwischen.
Dem Spektakel setzte Grubinger im letzten Satz die Krone auf: Verzerrte elektronische Melodien trafen auf synchrone Jonglierkunst und neongelbe Sticks, die sich mit einer solchen Geschwindigkeit bewegten, dass ihre Umrisse nur noch verschwommen wahrzunehmen waren. Dafür ernteten die Musiker minutenlangen Applaus und Standing Ovations im Großen Saal. (esa)