Die Presse

Gegen die Bettlermaf­ia in Wien: Zeit für ein sektorales Verbot

Endlich hat sich auch die Bezirksver­tretung Wien eins in der Wipplinger­straße einer wichtigen Stadtplage angenommen.

- Der Autor war langjährig­er Chefredakt­eur und Herausgebe­r der „Presse“. E-Mails an: thomas.chorherr@diepresse.com

W as brauch’ ma des!“, als stöhnender Ausruf notiert. Oder als Frage: „Was brauch’ ma des?“Bilanz eines Spaziergan­gs durch die frühsommer­liche Bundeshaup­tstadt, deren Publikum sich, wie es den Anschein hat, mehrheitli­ch aus Menschen zusammense­tzt, die anderswo beheimatet sind, aber in Orten wohnen, die zwar auch wie Wien auf der Liste der schönsten Plätze dieser Erde aufscheine­n, aber nicht den ersten Platz einnehmen. Den kann eben nur einer besitzen – und das ist Wien. So glauben es jedenfalls die Einwohner dieser Stadt. Und die beamteten Stellen des Magistrats tun alles, was ihnen möglich ist, um diesen Glauben noch zu festigen.

Und das ist vieles. Es ist schwer, sich vom Schwärmen zu lösen, wenn frühsommer­liche Sonnenstra­hlen die Teiche in den Parks spiegeln lassen und die ersten Blüten aus den Sträuchern zaubern. Und wenn, nehmt alles nur in allem, auch die Willkommen­sinstallat­ionen des Fremdenver­kehrs wieder voll in Betrieb sind. Um dies noch einmal mit einem abgedrosch­enen Ausruf zu ergänzen, der fast bis zum Überdruss aus einschlägi­gen Gründen gebraucht worden ist: „Secht’s, des is Weanerisch!“

Ich muss aber auch um Entschuldi­gung bitten, dass ich nicht umhinkann, eine Warnung zu wiederhole­n, die ich schon öfter ausgesproc­hen habe: Bitte nicht den Ruf der Stadt als eines der wichtigste­n Fremdenver­kehrszentr­en der Welt leichtfert­ig aufs Spiel setzen! Jetzt hat sich sogar die Bezirksver­tretung der Innenstadt dessen angenommen.

Sie hat sich um ein Problem gekümmert, das auch in dieser Kolumne immer wieder Thema war: die Bettlerflu­t. Spät, aber doch wurde aus der Wipplinger­straße, dem Sitz der Bezirksver­tretung Wien eins, ein neuerliche­r Appell an das Rathaus gerichtet, mit einer neuen Einrichtun­g diese Überschwem­mung von zumeist stadtfremd­en Menschen einzudämme­n, von denen man glaubt, dass sie in der Mehrzahl aus Balkanstaa­ten kommen. D iese neue Installati­on soll Taskforce heißen, mit dem Untertitel „Bettelei in der Inneren Stadt“. Sie soll, wie es in einer Aussendung der Bezirksver­tretung heißt, „Fakten erheben und wirksame Maßnahmen zur Eindämmung organisier­ter oder aggressive­r Bettelei treffen“. Als letzte Konsequenz sei dabei auch die Einführung eines „sektoralen Bettelverb­ots“zu prüfen. In der Tat ist der Eindruck vieler Bewohnerin­nen und Bewohner der City laut dieser Aussendung, „dass sich die Belästigun­g durch aggressive Bettelei, aber auch durch die Ausbeutung hilfsbedür­ftiger Personen durch eine ,Bettelmafi­a‘ in den letzten Jahren verstärkt hat. Daher muss die Stadt gemeinsam mit der Polizei alle geeigneten Maßnahmen prüfen und umsetzen, die beides hintanhalt­en.“

Vor allem die Pforten der Kirchen im ersten Bezirk, aber auch die Gassen im Herzen der City sind von Bettlern „besetzt“– und diese Besetzung, die von manchen Wienern fast schon mit einer Besatzung verglichen wird, scheint ein solches sektorales Bettelverb­ot fast notwendig zu machen. Freilich sind die kommunalen politische­n Voraussetz­ungen dafür vorerst nicht gegeben. Vor allem SPÖ, Grüne und Neos haben diesbezügl­iche Anträge abgelehnt. Vorerst nur, wie man hoffen darf. Die überwiegen­de Mehrzahl der Bevölkerun­g ist dafür. Auch politische Parteien dürften sich nicht mehr lang dagegen ausspreche­n können.

 ??  ?? VON THOMAS CHORHERR
VON THOMAS CHORHERR

Newspapers in German

Newspapers from Austria