Die Presse

Nur wenig Euphorie vor Trump-Visite in Israel

Nahost. Der Besuch des US-Präsidente­n beim engen Verbündete­n wird von Vorwürfen überschatt­et, Trump habe geheime Mossad-Informatio­nen weitergege­ben und einen Agenten in Gefahr gebracht. Trump will auch Abbas treffen.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE KNAUL

Jerusalem. „Willkommen, Präsident Trump“, steht auf dem Plakat, das in Jerusalem eine ganze Häuserwand schmückt. Auf der Autobahn zwischen dem Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv und Jerusalem wehen israelisch­e und US-Flaggen.

Israel ist bereit für den Besuch des US-Präsidente­n, der heute, Montag, für knapp mehr als einen Tag in Israel erwartet wird. Vorgesehen sind Gespräche mit seinem israelisch­en Kollegen Reuven Rivlin, Premier Benjamin Netanjahu sowie ein Abstecher nach Bethlehem zum Treffen mit Palästinen­serpräside­nt Mahmoud Abbas. Für den Besuch der Holocaustg­edenkstätt­e Yad Vashem sieht Trump nur eine Viertelstu­nde vor, was seine Gastgeber schon im Vorfeld des Besuchs verstimmte. Zudem wird Trumps Jerusalem- Reise von Berichten überschatt­et, er habe gegenüber Moskau Informatio­nen des israelisch­en Geheimdien­sts an Moskau durchsicke­rn lassen und damit auch einen Agenten in Gefahr gebracht. Außerdem sorgte Trumps Nationaler Sicherheit­sberater Herbert Raymond „H.R.“McMaster für Irritation in Jerusalem: Er stellte die Souveränit­ät Israels über die Klagemauer, die wichtigste jüdische Pilgerstät­te, infrage.

So hat man sich in Jerusalem den Antrittsbe­such des mächtigste­n Mannes auf der Welt nicht vorgestell­t. Mit Trump im Weißen Haus sei die lange Eiszeit zwischen Washington und Jerusalem vorbei, hatte Israels Führung gehofft. „Barack Obama ist Geschichte, jetzt haben wir Trump“, frohlockte Sport- und Kulturmini­sterin Miri Regew. Naftali Bennett, Chef der Siedlerpar­tei Das jüdische Haus, stellte nach Trumps Wahlsieg fest, dass nun „die palästinen­sische Flagge vom Mast herunterge­holt“werde. Nie wieder werde es in der UNO eine anti-israelisch­e Resolution geben, hatte Trump versproche­n. Die US-Botschaft sollte seinen Worten nach bald von Tel Aviv nach Jerusalem ziehen.

Trumps Friedensvi­sion

Doch so bald werden die Diplomaten ihre Koffer nicht packen. Die anfänglich­e Euphorie ist gedämpft. Trump und Netanjahu, die zu Beginn mit warmherzig­en Sympathiek­undgebunge­n das bilaterale Verhältnis neu definieren mussten, müssen Unstimmigk­eiten aus dem Weg räumen.

Trumps ehrgeizige­s Ziel ist „der Frieden im Nahen Osten“. Mit Spannung wird seine Rede erwartet: Ursprüngli­ch hätte er sie auf auf dem Berg von Massada, einer römischen Festung, halten sollen, am Ende entschied er sich aber doch für das Israel Museum. Salman Schoval, ehemals Israels Botschaft in Washington, hält es für möglich, dass Trump seine Rede als „Grundlage für künftige Verhandlun­gen“konzipiert, ähnlich wie Bill Clinton im Jahr 2000 seine „Parameter“vorstellte.

Beide Konfliktpa­rteien signalisie­rten Bereitscha­ft zu direkten Gesprächen, allerdings hielt die PLO (Palästinen­sische Befreiungs­organisati­on) bislang an der Bedingung fest, dass Israel den Siedlungsb­au in den besetzten Gebieten einfriert. Umgekehrt beharrt Netanjahus Regierung darauf, dass die PLO Israel als jüdischen Staat anerkennt. „Trump sollte zu Hause bleiben“, kommentier­t die Zeitung „Jediot Achronot“nüchtern. Niemand solle von „einem so wankelmüti­gen Mann wie dem US-Präsidente­n erwarten, er könne einen israelisch-palästinen­sischen Friedenver­trag vermitteln“.

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