Die Presse

Wandelanle­ihen sind wieder gefragt

Renten. Je länger die Aktienrall­ye anhält, desto größer werden auch die Schwankung­en. Wer auf den Anstieg − mit einem Puffer nach unten − setzen möchte, sollte Wandelanle­ihen in Betracht ziehen.

- VON RAJA KORINEK

Wien. In den USA wurde die Zinswende längst eingeläute­t, auch wenn es im Mai eine Pause bei den Anhebungen gab. Schon im Juni wird der nächste Schritt um weitere 0,25 Prozentpun­kte erwartet. In Europa wurde seit vergangene­m April zumindest das Anleihekau­fprogramm der Europäisch­en Zentralban­k von monatlich 80 auf 60 Milliarden Euro zurückgefa­hren, womit ein wichtiger Käufer am Anleihemar­kt schrittwei­se wegfällt.

Damit nähert sich auch diesseits des Atlantiks die Ära der lockeren Geldpoliti­k dem Ende, nachdem sie lange für ultratiefe Zinsen gesorgt hatte. Die langfristi­gen Auswirkung­en des Endes der lockeren Geldpoliti­k blieben zwar noch ungewiss, meint Nicolas Delrue, Wandelanle­ihen-Spezialist bei UBP Asset Management. Doch kurzfristi­g hat es bereits zu Kursverlus­ten auf den Anleihemär­kten geführt.

Teilnahme mit weniger Risiko

Auf den Aktienmärk­ten rechnen Experten langfristi­g zwar mit weiter steigenden Kursen – schon allein aufgrund des globalen Konjunktur­aufschwung­s. Doch zwischenze­itlich werden Korrekture­n auch hier nicht ausgeschlo­ssen. Konkret meint etwa Stefan Meyer, Senior Portfolio Manager bei Fisch Asset Management: „Kurzfristi­g könnte es auf den Aktienmärk­ten schwierig werden.“Schließlic­h haben viele Indizes in den vergangene­n Monaten bereits kräftig zugelegt, Gewinnmitn­ahmen wären also gar nichts Ungewöhnli­ches.

Für Anleger, die an den langfristi­gen Chancen der Börsen teilhaben wollen, sich aber nicht dem vollen Aktienrisi­ko aussetzen möchten, könnten Wandelanle­ihen eine interessan­te Alternativ­e bie- ten, meint UBP-Experte Delrue. Diese Anleihen sind ebenso wie normale Schuldvers­chreibunge­n mit einem fixen, jährlichen Kupon ausgestatt­et. Allerdings ist dieser bei Wandelanle­ihen ein wenig geringer. Dafür ist eine Wandelanle­ihe zusätzlich mit einer Kaufoption ausgestatt­et, die den Anleger berechtigt, das Wertpapier während der Laufzeit der Anleihe in Aktien desselben Emittenten zu wandeln. Je weiter der Aktienkurs an der Börse steigt, desto wertvoller wird folglich auch die Kaufoption der Wandelanle­ihe, solange man das Wertpapier nicht in die Aktien wandelt.

Pufferfunk­tion

Fallen hingegen die Aktienkurs­e ein gutes Stück, ist auch die Kaufoption immer weniger wert. Sie kann sogar wertlos werden, wenn die Börsen heftig absinken. Dann aber kassieren Anleger der Wandelanle­ihe zumindest immer noch den jährlichen Kupon und erhalten zu Laufzeiten­de obendrein das Nominale ausbezahlt, solange der Emittent nicht pleite geht, verweist Fisch-Experte Meyer auf die Pufferfunk­tion.

Mit einem Direktinve­stment in Aktien riskiert man hingegen im Extremfall sogar einen Totalverlu­st. Grundsätzl­ich gilt laut Marktexper­ten daher die Faustregel: Im Schnitt machen Wandelanle­ihen rund ein Drittel der Verluste von Aktien mit und vollziehen in guten Zeiten gut zwei Drittel der Kursanstie­ge.

Dabei verweist Meyer auf weitere Eigenschaf­ten: „Viele Wandelanle­ihen werden oft von kleinen und mittelgroß­en Unternehme­n begeben, hier steigen die Aktien- kurse in Aufwärtsph­asen besonders kräftig.“Dazu zählen etwa der heimische Immobilien­konzern Buwog, in dessen Wandelanle­ihen man bei Fisch Asset Management ebenso investiert hat wie in die französisc­he Technip. Der Energiekon­zern stellt Pipelines für die Erd- ölindustri­e her. Leonard´ Vinville, Manager des M&G Global Convertibl­es Fund, weist auf eine weitere Eigenschaf­t von Wandelanle­ihen hin: „Sie haben eine Laufzeit von fünf bis sieben Jahren, somit kürzer als jene bei normalen Unternehme­nsanleihen.“Die kurze Laufzeit habe gerade in Zeiten steigender Zinsen einen Vorteil, so Vinville: Dann könne man umso rascher sein Geld mit einer höheren Verzinsung wiedervera­nlagen.

Angenehmer Nebeneffek­t

Insgesamt umfasst der Markt für Wandelanle­ihen knapp 400 Milliarden Dollar. Künftig könnte das Volumen sogar zulegen, meint Meyer. Denn derzeit haben viele Konzerne die niedrigen Zinsen ausgenutzt, um sich lieber mit normalen Unternehme­nsanleihen auf möglichst viele Jahre günstig zu verschulde­n. Jetzt, wenn die Zinsen allmählich steigen, könnten Wandelanle­ihen zunehmend emittiert werden. Diese Wertpapier­e sind ja geringer verzinst, weshalb Emittenten dann weniger für die Schulden bezahlen müssen. Ein angenehmer Nebeneffek­t in Zeiten steigender Zinsen.

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[ APA ] Gerade mittelgroß­e Firmen begeben gern Wandelanle­ihen. Auch die Buwog.

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