„Die Kultur des Sparens wird zerstört“
Spängler-Bank. Im ältesten Bankhaus Österreichs steht ein Führungswechsel an. Scheidender und designierter Chef philosophieren über Unternehmensnachfolge, Digitalisierung und sorgen sich um die Kultur des Sparens.
Die Presse: Die Spängler-Bank ist bekannt für ihre Expertise auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge. Jetzt können Sie die selbst unter Beweis stellen. Wie fühlt sich das am eigenen Leib an? Helmut Gerlich: Wichtig ist die rechtzeitige Übergabe, gerade bei Familienunternehmen. Wir in der Spängler-Bank sind uns seit deutlich mehr als einem Jahr sicher, in welche Richtung es gehen soll. Ich bin jetzt 40 Jahre dabei, habe 1977 begonnen. Die Spängler-Bank war mein erster und einziger Arbeitgeber, so etwas gibt es kaum mehr.
Sie haben mit dem Geldwechselgeschäft begonnen. Gerlich: Damals war das ein wichtiger Bereich, der knapp ein Drittel unseres Umsatzes ausgemacht hat. Ich habe also neben meinem Studium deutschen Urlaubern Zehn-Mark-Scheine gewechselt. Die haben 70 Schilling bekommen, und die Sache war erledigt. Später wurde ich eingestellt mit den Worten: „Wir wissen zwar im Moment nicht, was wir mit Ihnen tun sollen, aber kommen S’ einfach.“
Ein schöner Start also. Gerlich: Einer, der heute undenkbar wäre.
Sie sind der erste Vorstandschef der Bank, der nicht Mitglied der Familie Spängler ist. Gerlich: Und Werner Zenz wird ab 1. Juni der zweite CEO sein, der nicht Familienmitglied ist. Wir arbeiten ja seit 2008 zusammen. Werner Zenz: Es war damals ein guter Einstieg. Ein paar Monate später kam die Lehman-Pleite. Gerlich: Und dennoch haben wir in dieser Zeit der Finanzkrise die besten Ergebnisse in der Geschichte unserer Bank erzielt. Wir hatten erkannt, dass wir nicht als klassische Universalbank weitertun können, sondern den Fokus auf Privatvermögen und Familienunternehmen legen müssen.
Aber Übergaben gehen doch nie ohne Meinungsverschiedenheiten über die Bühne, auch nicht in der Spängler-Bank, oder? Zenz: Wir können auch deshalb von einer erfolgreichen Übergabe sprechen, weil wir nicht immer dieselben Vorstellungen haben. Aber wir haben sie ausdiskutiert. Oft waren die Mittagessen im Cafe´ Bazar wertvoller als manche Stra- tegierunde. Das Cafe´ Bazar gehört ja zum Haus. Gerlich: Dort wurden viele wichtige Entscheidungen getroffen.
Damit wir da nicht ein allzu idyllisches Bild vom ältesten Bankhaus Österreichs zeichnen: Auch Ihr Institut lebt bereits im 21. Jahrhundert mit all den Herausforderungen. Gerlich: Natürlich geht es auch bei uns um die Digitalisierung. Wir können sicher nicht sagen, dass uns das nichts angeht. Wir setzen auf die Kombination einer guten Beratung und Online-Banking. Zenz: Wobei wir etwa beim Kreditgeschäft überzeugt sind, dass hier das persönliche Gespräch noch wichtiger ist als in anderen Bereichen. Immerhin betreuen wir viele Familienunternehmen. Ich meine, vieles ist digitalisierbar, der persönliche Kontakt ist es nicht.
Wird hier nicht oft eine persönliche Beratung vorgetäuscht? Macht der Bankangestellte nicht ohnehin nur noch, was ihm sein Computerprogramm ausspuckt? Gerlich: Jetzt sag ich natürlich: Bei uns ist das nicht so. Und das sagen alle. Aber wir haben die Gunst der Kleinheit. Es ist eben ein Unter- schied, ob man mit 250 Mitarbeitern oder mit 25.000 operiert. Uns nimmt man die persönliche Beratung ab. Aber natürlich führt die immer stärkere Regulierung zu einer Standardisierung. Zenz: Natürlich gibt es auch bei uns Prozessoptimierungen im Hintergrund, das ist ja keine Frage. Was aber beim Kunden ankommt, das ist individuell. Und wir gehen einen Schritt weiter und bieten ab Herbst online eine Vermögensverwaltung an. Jeder Kunde hat aber dennoch einen persönlichen Ansprechpartner. Gerlich: Ich habe jüngst einen Kunden, einen erfolgreichen Startup-Gründer, gefragt, ob für ihn nur noch Online-Banking infrage kommt. Und gerade der will unbedingt eine persönliche Beratung. Zenz: Wenn 28-Jährige zu uns in die Bank kommen, die gerade ihr Start-up erfolgreich verkauft haben, dann spiegelt das auch wider, dass neben Professionalität das Gespräch nach wie vor wichtig ist.
Aber wozu dann Online-Vermögensverwaltung, wenn selbst die Start-up-Szene das Geld lieber offline investiert? Gerlich: Natürlich sind die meisten unserer Kunden im Private Banking über Sechzig. Aber wir müssen auch an die nächste Generation denken, und die ist eben online. Ich sehe das wie das Hallenbad in einem Luxushotel. Wir stellen alle Dienstleistungen zur Verfügung, auch wenn sie die meisten nicht nutzen. Zenz: Online ist ein zusätzlicher Kanal, um dort mit Kunden in Kontakt zu treten, wo wir keine Niederlassung haben.
Ich habe das Gefühl, dass Sie die digitale Revolution ziemlich kalt lässt. Gerlich: Ehrlich gesagt: Wir glauben nicht, dass uns Google und Amazon das Bankgeschäft zerstören werden. Natürlich wird das Privatkundengeschäft revolutioniert, muss ein Autokredit Stan- dard sein. Zenz: Die Banken werden auch in Zukunft keine Fintechs und keine Tech-Companies sein. Aber wir müssen uns im Zugang zum Kunden wandeln. Und das ist ja alles nichts Neues. Unser Geschäft hat sich doch all die Jahre gewandelt. Helmut Gerlich hat erzählt, dass er mit dem Geldwechselgeschäft begonnen hat. Wir ersetzen immer wieder alte durch neue Geschäftsfelder. Aktuell befassen wir uns sehr intensiv mit dem Thema Family Management. Da geht es vor allem um die Nachfolge bei mittelständischen Unternehmen, um Familienverfassungen. Solche Beratungsleistungen hat es vor zehn Jahren nicht gegeben.
Vor zehn Jahren hat es auch keine Finanzkrise gegeben. Als kleine Bank ist man nicht too big to fail. Ist das ein Nachteil? Zenz: Also so viel steht fest: Die Finanzkrise hat uns nicht geschadet. Diese Bank steht solide da. Es hat in den 189 Jahren nicht ein Jahr gegeben, in dem wir negativ waren. Und gerade nach 2008 haben wir gesehen, dass Regionalität auch wieder als etwas Positives gesehen wurde. Wenn wir in Salzburg ins Kaffeehaus gehen, dann kann es passieren, dass uns einer auf die Schulter klopft und scherzhaft sagt: „Passt du eh gut auf mein Geld auf?“Wir erleben also eine Unmittelbarkeit und spüren auch unsere Verantwortung noch unmittelbarer. Gerlich: Regionalität ist ein Wert, der Zukunft hat. Nicht nur bei der Ernährung und beim Wein. Zenz: Regionalität steht eben für Qualität und hat nichts mehr mit Provinzialität zu tun.
Wie geht es dem Mittelstand in Österreich? Gerlich: Die Unternehmer haben schön langsam wieder den Mut zu investieren. Viele Jahre gab es bestenfalls Ersatzinvestitionen, nun gibt es wieder Erneuerungsinvestitionen. Das ist auch notwendig, um den Wirtschaftsmotor ins Laufen zu bringen. Zenz: Die Stimmung in der Wirtschaft ist erkennbar positiver als in den vergangenen Jahren. Gerlich: Schön wäre, wenn die von der Politik und der EZB gesteuerten niedrigen Zinsen wieder etwas steigen würden. Wir sehen hier doch massive Auswirkungen auf das Sparverhalten. Zenz: Wir geben uns aber keinen Illusionen hin. Die Zinsen werden niedrig bleiben. Und wir müssen schon Bedacht darauf haben, dass die Kultur des Sparens, die über Jahrhunderte entwickelt worden ist, nicht zerstört wird. Die Kultur des Sparens ist wichtig, um die Finanzierungskraft für die Wirtschaft zu erhalten. ] Bankhaus Spängler ]