Die Presse

Paul Angerer, ein Musikant vom alten Schlag

Zum 90. Geburtstag eines österreich­ischen Komponiste­n, Instrument­alisten, Kapellmeis­ters und Musikforsc­hers. Komponist, Pianist, Geiger, Kapellmeis­ter, Musikforsc­her – ein Meister halt . . .

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Es ging natürlich immer um Musik. Aber auch die Bewirtscha­ftung des Freihofs in Unternalb scheint überzeugen­d zu gelingen. Jedenfalls stellten sich die zuständige­n Gemeindeob­ersten in Retz mit einer goldenen Ehrennadel ein: Das war nicht die einzige Ehrung, die Paul Angerer dieser Tage zur Feier seines 90. Geburtstag­s erhalten hat. Er wurde auch zum Ehrenbürge­r der „Landstraße“, weil er seit Jahr und Tag im dritten Wiener „Hieb“zu Hause ist.

Auch den Goldenen Rathausman­n hat er bekommen, obwohl er natürlich im Weinvierte­l angesichts der musizieren­den Jugend, die einige seiner Werke zum Besten gab, nicht geizte mit genealogis­chen Verweisen: Mütterlich­erseits wie väterliche­rseits reichen seine Wurzeln tief hinab in die niederöste­rreichisch­e Geschichte. Wie übrigens, diesen Seitenhieb wollte er sich nicht verkneifen, auch jene von Meister Mozart, aus dessen Musik man ja das Niederöste­rreichisch­e so gut heraushöre­n könne.

So ist er. Paul Angerer weiß immer ein bisschen mehr als die klügsten Musikwisse­nschaftler, denen seine profund recherchie­rten Bücher noch manches Detail in Sachen Wiener Klassik verraten können, und viel mehr, als der gemeine Musikfreun­d sich träumen lässt. Weshalb man ihm auch gern lauscht, wenn er – manchmal mit brummigem Unterton – Sendungen moderiert oder in die Konzerte seines Concilium musicum einführt.

Sein Handwerk hat er so umfassend gelernt wie kaum ein Zweiter, er ist ein Komponist, der Klavier spielt, ein Kapellmeis­ter, der außerdem Violine und Bratsche und manches Blasinstru­ment beherrscht. Und er hat die Theaterarb­eit mit Sängern und Schauspiel­ern (etwa an den Mehrsparte­nhäusern in Ulm oder Salzburg), am Burgtheate­r oder bei diversen Festspiele­n gründlich betrieben.

Er war auch einer der Ersten, die fürs neue Medium Fernsehen komponiert­en – und ins Studio gingen, um Langspielp­latten in Stereo aufzunehme­n; beispielsw­eise mit dem jungen Friedrich Gulda.

Er hat sich um die Gründung und das Gedeihen diverser Kammerorch­ester gekümmert und, nicht zu vergessen, seit 1982 an der Wiener Musikhochs­chule unterricht­et. Pädagogisc­h setzte er freilich nicht nur an der obersten Stufe der Ausbildung­sskala an, sondern brachte auch Laien dazu, sich im Kanonsinge­n zu üben – die Kanons komponiert er immer gleich an Ort und Stelle; man darf ihm zuschauen dabei. Ein Meister vom alten Schlag. Prosit!

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VON WILHELM SINKOVICZ

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