Es geht um eine Frage der Familienpolitik
„Die EU-Freiheiten sind nicht verhandelbar“, Interview mit Sorin Grindeanu, von Julia Raabe und Rainer Nowak, 12. 5. Der rumänische Premierminister verweist zur Frage der von der österreichischen Regierung beabsichtigten Kürzung der Familienbeihilfe für in Rumänien lebende Kinder auf die vier Grundfreiheiten in der EU: Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit und freier Zahlungsverkehr bzw. Kapitalverkehr.
„Die Presse“sieht einen davon abweichenden Standpunkt der österreichischen Bundesregierung. Das entspricht nicht den Tatsachen. In Wahrheit verletzt Öster- reichs Politik nicht die Dienstleistungsfreiheit. Es geht vielmehr um eine Frage der Familienpolitik und der steuerlichen Berücksichtigung der Familie. Hier ist Österreich der EU um einiges voraus.
Österreich sieht für Familien den Familienlohn vor. Da dem Arbeitgeber jedoch wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann, die Arbeitnehmer je nachdem verschieden zu entlohnen, und auch durch steuerliche Maßnahmen (z. B. bei geringem Lohn) eine steuerliche Entlastung nicht ausreichen würde, erfolgt der Ausgleich über den FamilienlastenAusgleichsfonds, der von den Lohnsummen der Arbeitgeber gespeist wird.
Aus diesem Fonds wird die Familienbeihilfe gezahlt, für den nicht das Dienstleistungsentgelt des Arbeitgebers, sondern allein der Unterhaltsanspruch des Arbeitnehmers maßgebend ist. Zuständig ist daher nicht der Sozialminister, sondern die Familienministerin. RegRat Wilfried Strobl, 1110 Wien