Berlusconis Plan zurück zur Macht
Italien. Der einst skandalumwitterte Ex-Premier hat für sich eine neue Rolle entdeckt: Er ist Mitbegründer der neuen Tierschutzpartei. Zugleich zieht es ihn an die Schalthebel in Rom.
Rom/Mailand. Den Ruf des animalischen Instinktpolitikers hat sich Silvio Berlusconi in den vergangenen Jahrzehnten durch BungaBunga-Partys und andere Skandale hart erarbeitet. In einem Zentrum für Blinde wurde nun in Mailand an diesem Wochenende die erste Tierschutzpartei Italiens gegründet. Als Werbegesicht, Unterstützer und Mitbegründer des neuen „Movimento Animalista“war auch Berlusconi anwesend. Der 80-Jährige Ex-Ministerpräsident hat sein Herz verloren. An die Vierbeiner des Landes. Videoaufnahmen über Intensivtierhaltung hätten ihn erschüttert, sagt er bei der Gründungsfeier.
Begleitet wurde er von der derzeitigen Frau an seiner Seite, Francesca Pascale. Die 31-Jährige ist, so wird gemunkelt, für die neu entdeckte Tierfreundlichkeit Berlusconis hauptverantwortlich. Und dieser mutiert zum Vorzeige-Animalist: Letztes Jahr verkündete er, sich von nun an vegetarisch zu ernähren – ob bei dieser Entscheidung die Liebe zum Tier, zu Pascale oder zu sich selbst im Vordergrund stand, weiß wohl nur er selbst. Seine Operation am Herzen, der sich der 80-Jährige vergangenes Jahr unterziehen musste, könnte eine Rolle bei dieser Änderung des Lebenswandels gespielt haben.
Fünf Lämmer und zwei Malteserhunde
Im April bewahrte Berlusconi medienwirksam fünf Lämmer davor, zum Osterlamm zu werden. Die Tiere leben heute im Park seiner Villa in Arcore bei Mailand. Dort sind auch die zwei weißen Malteserhunde seiner Freundin, Dudu und Dudina, nun zu Hause – sie sollen es dem Cavaliere besonders angetan haben.
Damit wäre er nicht allein. Acht Millionen Hunde und zwölf Millionen Katzen soll es in Italiens Haushalten geben. 86 Prozent der Italiener sehen diese – laut einer eigenen Umfrage der neuen Bewegung – als Familienmitglieder an. Diese Zweibeiner mit Wahlrecht dürfte Berlusconi im Hinterkopf gehabt haben, als er dem Movimento Animalista am Samstag in Mailand seine vollste Unterstützung zusicherte. Großzügig verspricht er schon einmal, alle möglichen Gesetzesinitiativen der Bewegung als Forza Italia zu unterstützen.
Dafür müsste die Bewegung jedoch erst einmal gewählt werden. Ex-Tourismusministerin Michela Vittoria Brambilla, die Präsidentin der Bewegung, die schon lange für den Tierschutz aktiv ist, erklärt ihre Ziele: „Wir sind unabhängig von allen Parteien. Wir verteidigen keine wirtschaftlichen Interessen. Wir wollen uns gegen Gewalt und Ausbeutung der Tiere engagieren“, so Brambilla. Man wolle alle Tierfreunde im Land einen, ihnen eine Plattform bieten – viel Zulauf habe die Bewegung auch aus der Linken, viele ehemalige Grüne seien darunter.
Auch wenn sich die Bewegung – wie so viele Neugründungen in letzter Zeit – explizit nicht Partei nennt, will sie sich in allen anstehenden Urnengängen zur Wahl stellen. Mit dem nötigen Selbstbewusstsein sind die Animalisti nicht nur dank der Werbefigur Berlusconi gesegnet: Nach einer Umfrage, die die Bewegung ebenfalls selbst durchgeführt hat, könnte die neue Partei auf etwa 20 Prozent kommen, heißt es aus dem Munde des Ex-Premiers, der noch eine andere Statistik bemüht: „Wenn sie zwischen Ehe- mann und Hund wählen müssen, entscheiden sich Frauen wohl für den zweiten.“
Er wisse natürlich, dass Umfragen das eine und die Realität etwas anderes seien, so Berlusconi, dessen Hauptziel derzeit darin besteht, die rechte Mitte Italiens zu einen, um so eine Chance gegen den derzeit regierenden Partito Democratico und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung zu bilden. Italien ist noch immer dabei, sich ein neues Wahlgesetz zu geben – allerdings müssen spätestens im Frühjahr 2018 nationale Wahlen abgehalten werden.
Schlagabtausch mit Chef der Lega Nord
Die aktuellen Umfragen sehen den Partito Democratico und die Fünf-Sterne-Bewegung nahezu gleichauf bei etwa 29 Prozent. Berlusconis Forza Italia und die rechte Lega Nord kommen beide derzeit auf je 12,7 Prozent. Matteo Salvini, der Chef der Lega Nord, verbreitet in der Flüchtlingskrise eine europakritische und fremdenfeindliche Stimmung und lässt damit seine Umfragewerte landesweit steigen. Berlusconis einzige Chance ist ein Schulterschluss mit Salvini – doch die beiden rechten Platzhirsche beschimpfen einander seit Wochen.
Er kümmere sich lieber um das Tier mit zwei Beinen, um den Menschen, so die sarkastische Reaktion Salvinis auf Berlusconis Auftritt bei den Tierfreunden. Auf Facebook schob er hinterher: „Mein Sohn geht gerade mit seiner Mama in ein Tierheim und bringt einen Hundewelpen mit nach Hause – aber er gründet keine Partei.“