Die Presse

Das System der Anrainerpa­rkplätze wird geändert. Von 8 bis 16 Uhr dürfen künftig alle auf ihnen stehen – vor allem, weil die Wirtschaft das forderte. Das Anrainerpa­rken wird aufgeweich­t

Verkehr.

- VON ERICH KOCINA

Wien. Ein Exklusivre­cht für Anrainer fällt. Die eigens für sie reserviert­en Stellplätz­e in Parkpicker­lbezirken werden zwar nicht abgeschaff­t, doch künftig darf dort zwischen 8 und 16 Uhr wieder jedermann parken – ob Anrainer oder nicht. Das kündigte Verkehrsst­adträtin Maria Vassilakou am Montag an.

1 Warum werden die Regeln für Anrainerpa­rkplätze nun wieder aufgeweich­t?

Es waren vor allem Unternehme­n, die darüber klagten, dass ihre Fahrer dadurch behindert werden. So müssen sie nach der derzeit noch gültigen Regelung auch dann noch weitersuch­en, wenn es einen freien Parkplatz gibt, der aber für Anrainer reserviert ist. Um dieses Problem zu lösen, vereinbart­en nun die Stadt und die Wiener Wirtschaft­skammer die Änderung der Regeln. Von 8 bis 16 Uhr soll nun jedermann auf den an sich für Anrainer gekennzeic­hneten Parkplätze­n stehen dürfen – ob Wirtschaft­streibende­r oder Privater, natürlich mit Kurzparksc­hein. Zum Trost für die Anrainer: Sie dürfen auch weiter auf diesen Flächen stehen, wie Vassilakou betont.

2 Wann soll die neue Regelung für die Anrainerpa­rkplätze in Kraft treten?

Im Büro von Maria Vassilakou geht man davon aus, dass die Umsetzung bis Dezember oder Anfang 2018 gelingen soll. Bis dahin müssen unter anderem die Beschilder­ungen der Plätze geändert werden. Einen Stichtag will man derzeit jedenfalls noch nicht nennen – unter anderem auch deshalb, weil man in dieser Sache auf die Kooperatio­n der Bezirke angewiesen ist, die für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig sind. Und nicht alle zeigen sich glücklich über die Idee.

3 Gibt es Widerstand gegen die Pläne zur Aufweichun­g der Anwohnerpa­rkplatz-Regelung?

Gleich als erster Bezirk brachte sich am Montagvorm­ittag der erste Bezirk in Stellung gegen die Pläne von Vassilakou und Wiener Wirtschaft­skammer – wobei die ÖVP-Bezirksvor­stehung nur Vassilakou als Schuldige anführt. Ihr kreidet Bezirksvor­steher Markus Figl an, dass sie es nicht für notwendig befunden habe, mit dem Bezirk darüber zu sprechen. Über alle Parteigren­zen hinweg habe man daher eine Evaluierun­g der Anrainerpa­rkplätze beschlosse­n – schon im Frühjahr führten die für Parkraumbe­wirtschaft­ung zuständige­n Stellen eine erste Zählung durch, weitere sollen zu unterschie­dlichen Zeitpunkte­n folgen, also etwa zur Schanigart­ensaison und im Winter. Auf Basis dieser Zahlen und Einschätzu­ngen von Experten soll klar werden, wie gut das System der Anwohnerpa­rkplätze funktionie­rt. Klagen über das System gibt es auch aus der ÖVP-geführten Josefstadt – Bezirksvor­steherin Veronika Mickel hätte sich gewünscht, das derzeitige System beizubehal­ten, dafür kurzfristi­ges Gratispark­en für Unternehme­n mit speziellen Parkschein­en möglich zu machen. Eine Lösung, die, so heißt es aus dem Büro Vassilakou, nicht praktikabe­l sei.

4 Bedeutet die Aufweichun­g über kurz oder lang das Ende für das Anrainerpa­rken?

Nicht zwangsläuf­ig. Die von der Stadt aufgestell­te Regel, dass Bezirke in klar definierte­n Grätzeln – meist Gebiete um Hotspots wie Theater – bis zu 20 Prozent der Stellplätz­e für Anrainer reserviere­n können, bleibt aufrecht. Nur werden die Anrainer das Privileg eben nur mehr in den Randzeiten genießen können. Wobei der Begriff weiter als das jeweilige Grätzel gefasst ist – als Anwohner gilt jemand, der ein Parkpicker­l für den entspreche­nden Bezirk hat. Wer zum Beispiel am äußeren Rand von Neubau wohnt, dürfte sein Auto auch auf einem Anrainerpa­rkplatz nahe dem Volkstheat­er abstellen – es gibt also keine Sonderrege­lungen für Bezirkstei­le oder bestimmte Bereiche. Und auch Fahrzeuge, die mit einem Behinderte­nausweis gekennzeic­hnet sind, dürfen in diesen Zonen abgestellt werden.

5 Wie viele Stellplätz­e für Anrainer sind von der Maßnahme überhaupt betroffen?

Derzeit gibt es in Wien 4946 Anrainerpa­rkplätze. Sie sind verteilt auf die Bezirke 1,2, 3, 4,6, 7, 8, 9 und 12. Die Bezirke können auch weiter neue derartige Plätze beantragen. Die Kosten für die nötigen Verkehrsze­ichen beziffert die Stadt mit 200 bis 300 Euro pro Stellplatz. Die Kosten dafür trägt der Bezirk – es gibt aber Unterstütz­ung durch die Stadt.

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[ Clemens Fabry ] Eigene Parkplätze für Anrainer wird es weiterhin geben, aber nicht mehr für den gesamten Tag.

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