Das System der Anrainerparkplätze wird geändert. Von 8 bis 16 Uhr dürfen künftig alle auf ihnen stehen – vor allem, weil die Wirtschaft das forderte. Das Anrainerparken wird aufgeweicht
Verkehr.
Wien. Ein Exklusivrecht für Anrainer fällt. Die eigens für sie reservierten Stellplätze in Parkpickerlbezirken werden zwar nicht abgeschafft, doch künftig darf dort zwischen 8 und 16 Uhr wieder jedermann parken – ob Anrainer oder nicht. Das kündigte Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou am Montag an.
1 Warum werden die Regeln für Anrainerparkplätze nun wieder aufgeweicht?
Es waren vor allem Unternehmen, die darüber klagten, dass ihre Fahrer dadurch behindert werden. So müssen sie nach der derzeit noch gültigen Regelung auch dann noch weitersuchen, wenn es einen freien Parkplatz gibt, der aber für Anrainer reserviert ist. Um dieses Problem zu lösen, vereinbarten nun die Stadt und die Wiener Wirtschaftskammer die Änderung der Regeln. Von 8 bis 16 Uhr soll nun jedermann auf den an sich für Anrainer gekennzeichneten Parkplätzen stehen dürfen – ob Wirtschaftstreibender oder Privater, natürlich mit Kurzparkschein. Zum Trost für die Anrainer: Sie dürfen auch weiter auf diesen Flächen stehen, wie Vassilakou betont.
2 Wann soll die neue Regelung für die Anrainerparkplätze in Kraft treten?
Im Büro von Maria Vassilakou geht man davon aus, dass die Umsetzung bis Dezember oder Anfang 2018 gelingen soll. Bis dahin müssen unter anderem die Beschilderungen der Plätze geändert werden. Einen Stichtag will man derzeit jedenfalls noch nicht nennen – unter anderem auch deshalb, weil man in dieser Sache auf die Kooperation der Bezirke angewiesen ist, die für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig sind. Und nicht alle zeigen sich glücklich über die Idee.
3 Gibt es Widerstand gegen die Pläne zur Aufweichung der Anwohnerparkplatz-Regelung?
Gleich als erster Bezirk brachte sich am Montagvormittag der erste Bezirk in Stellung gegen die Pläne von Vassilakou und Wiener Wirtschaftskammer – wobei die ÖVP-Bezirksvorstehung nur Vassilakou als Schuldige anführt. Ihr kreidet Bezirksvorsteher Markus Figl an, dass sie es nicht für notwendig befunden habe, mit dem Bezirk darüber zu sprechen. Über alle Parteigrenzen hinweg habe man daher eine Evaluierung der Anrainerparkplätze beschlossen – schon im Frühjahr führten die für Parkraumbewirtschaftung zuständigen Stellen eine erste Zählung durch, weitere sollen zu unterschiedlichen Zeitpunkten folgen, also etwa zur Schanigartensaison und im Winter. Auf Basis dieser Zahlen und Einschätzungen von Experten soll klar werden, wie gut das System der Anwohnerparkplätze funktioniert. Klagen über das System gibt es auch aus der ÖVP-geführten Josefstadt – Bezirksvorsteherin Veronika Mickel hätte sich gewünscht, das derzeitige System beizubehalten, dafür kurzfristiges Gratisparken für Unternehmen mit speziellen Parkscheinen möglich zu machen. Eine Lösung, die, so heißt es aus dem Büro Vassilakou, nicht praktikabel sei.
4 Bedeutet die Aufweichung über kurz oder lang das Ende für das Anrainerparken?
Nicht zwangsläufig. Die von der Stadt aufgestellte Regel, dass Bezirke in klar definierten Grätzeln – meist Gebiete um Hotspots wie Theater – bis zu 20 Prozent der Stellplätze für Anrainer reservieren können, bleibt aufrecht. Nur werden die Anrainer das Privileg eben nur mehr in den Randzeiten genießen können. Wobei der Begriff weiter als das jeweilige Grätzel gefasst ist – als Anwohner gilt jemand, der ein Parkpickerl für den entsprechenden Bezirk hat. Wer zum Beispiel am äußeren Rand von Neubau wohnt, dürfte sein Auto auch auf einem Anrainerparkplatz nahe dem Volkstheater abstellen – es gibt also keine Sonderregelungen für Bezirksteile oder bestimmte Bereiche. Und auch Fahrzeuge, die mit einem Behindertenausweis gekennzeichnet sind, dürfen in diesen Zonen abgestellt werden.
5 Wie viele Stellplätze für Anrainer sind von der Maßnahme überhaupt betroffen?
Derzeit gibt es in Wien 4946 Anrainerparkplätze. Sie sind verteilt auf die Bezirke 1,2, 3, 4,6, 7, 8, 9 und 12. Die Bezirke können auch weiter neue derartige Plätze beantragen. Die Kosten für die nötigen Verkehrszeichen beziffert die Stadt mit 200 bis 300 Euro pro Stellplatz. Die Kosten dafür trägt der Bezirk – es gibt aber Unterstützung durch die Stadt.