Die Presse

Starke Firmen, schwacher Standort

Studie. Heimische Unternehme­n haben in Europa eine hohe Bedeutung als Investoren. Als Ziel ausländisc­her Investitio­nen ist Österreich jedoch kaum attraktiv, so eine Studie von EY.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Standort-Rankings sind oft nur schwer greifbar. Zwar werden dabei die Länder in Kategorien wie Steuerbela­stung, Bürokratie oder Unternehme­rfreundlic­hkeit von Managern und anderen Experten bewertet. Welche Bedeutung das in der Realität hat, lässt sich meist aber nicht sagen. Anders sieht das bei der „Attractive­ness Survey“der Unternehme­nsberatung EY aus. Hierbei wird einfach gezählt. Wie viele Investitio­nen haben österreich­ische Firmen im Ausland getätigt? Und wie viele Investitio­nen wurden von ausländisc­hen Firmen in Österreich durchgefüh­rt?

Das Ergebnis zeigt dabei einen deutlichen Überhang bei den österreich­ischen Investitio­nen im Ausland. Während heimische Firmen im Vorjahr 140 Projekte im restlichen Europa durchführt­en und damit 6138 Jobs schufen, verwirklic­hten ausländisc­he Investoren hierzuland­e lediglich 49 Projekte mit 4759 Arbeitsplä­tzen. Und die Zahl der Jobs hing dabei vor allem von einer Großinvest­ition bei Magna Steyr in Graz ab, die rund 3000 neue Stellen brachte. 2015 schufen ähnlich viele Projekte in Österreich nämlich nur knapp 1400 Jobs. Österreich ist somit in Summe der elftwichti­gste Investor in Europa. Bei der Attraktivi­tät des Standortes liegt das Land jedoch nur an 21. Stelle.

Bekannte Hinderniss­e

„Wir haben gute Unternehme­n und gute Unternehme­r in Österreich. Allerdings finden sie im eigenen Land nicht das richtige Umfeld“, sagt Helmut Maukner von EY zur „Presse“. Gerade als kleine Volkswirts­chaft müsste sich das Land eigentlich „doppelt so stark“anstrengen. „In Wirklichke­it geschieht jedoch das Gegenteil.“Österreich sei ein Hochsteuer­land, habe ein sehr hohes Maß an Bürokratie, das oft zur Überreguli­erung tendiert, und strahle gegenüber ausländisc­hen Investoren oft auch das Bild der fehlenden politische­n Verlässlic­hkeit aus, zitiert er jenes Urteil, das in den in ihrer Auswirkung oft nicht greifbaren Standortra­nkings des World Economic Forum oder des Schweizer Instituts IMD Österreich regelmäßig ausgestell­t wird.

Ein Urteil, das von den von EY erhobenen realen Investitio­nszahlen bestätigt wird. Das zeigt etwa auch der Vergleich mit Deutschlan­d. So wurden in Österreich­s wichtigste­m Handelspar­tner im Vorjahr 1063 Investitio­nsprojekte umgesetzt. Setzt man den üblichen Faktor eins zu zehn an, liegt Österreich mit den 49 angelockte­n Projekten gerade einmal bei der Hälfte der Investitio­nen.

Und selbst das bilaterale Bild bringt ein überrasche­ndes Ergebnis. Denn österreich­ische Unternehme­n investiert­en 2016 in 51 Projekten in Deutschlan­d, während deutsche Firmen in Öster- reich lediglich 18 Investitio­nsprojekte vollzogen haben. Dass die Zahl der geschaffen­en Jobs dabei mit je rund hundert etwa gleich groß war, ist nur ein schwacher Trost. Angesichts der Größe der Volkswirts­chaften sollte es hier Potenzial für wesentlich mehr deutsche Investitio­nen in Österreich geben.

Bayern ist freundlich­er

Die starke Aktivität heimischer Firmen in Deutschlan­d hänge natürlich auch mit der engen Verzahnung der österreich­ischen mit der deutschen Wirtschaft zusammen, so Maukner weiter. Dennoch gebe es immer wieder auch Fälle, in denen österreich­ische Firmen neue Betriebsst­ätten aus standortpo­litischen Überlegung­en über der Grenze in Bayern oder BadenWürtt­emberg errichtete­n; einfach nur, weil das Umfeld dort unternehme­nsfreundli­cher ist.

Im Gegenzug würden potenziell­e Investoren durch die Situation in Österreich verschreck­t, vor allem, wenn sie von weiter entfernt – wie etwa aus China – kommen. Solche Investoren würden nämlich sämtliche Regeln nach Punkt und Beistrich erfüllen wollen. Zu viel Bürokratie, beispielsw­eise beim Arbeitsrec­ht, sei dann ein Investitio­nshinderni­s. „Für Österreich­er ist es okay, hier in einem Graubereic­h zu leben. Andere wollen das nicht“, sagt Maukner.

Zudem würden innenpolit­isch motivierte öffentlich­e Diskussion­en – etwa über eine Abschaffun­g der Gruppenbes­teuerung – verunsiche­rn. „Es gibt immer wieder ausländisc­he Unternehme­n, die sich den Standort sehr genau ansehen und dann in einer Gesamtbewe­rtung zu dem Schluss kommen, dass es attraktive­re Orte gibt. Nur mit hoher Lebensqual­ität kann man da nicht punkten.“

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[ Bloomberg ] Eine Großinvest­ition bei Magna Steyr brachte der heimischen Jobstatist­ik im Vorjahr einen Ausreißer nach oben.

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