Die Presse

ÖBB beenden vorzeitig ihr Fernbus-Abenteuer

Verkehr. Nach gerade einmal zehn Monaten verkaufen die ÖBB ihre Fernbus-Tochter Hellö an den deutschen Marktführe­r Flixbus. Der Betrieb von Bussen in direkter Konkurrenz zu eigenen Zügen stand von Anfang an in der Kritik.

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Wien. „Der Fernbusmar­kt wächst, und die ÖBB wollen ein Stück davon haben.“Mit diesen Worten begründete Valerie Hackl, Vorständin des ÖBB-Personenve­rkehrs, im Juni des Vorjahres den Einstieg der Staatsbahn in das Geschäft mit Fernbussen. Aber schon damals war vielen nicht klar, warum die Bahn nun etwa parallel zum Zug auch Busse von Wien nach München oder Zürich schickt. Zehn Monate sowie einen harten und verlustrei­chen Preiskampf später wurde das Abenteuer am Montag wieder beendet: Die ÖBB gaben bekannt, ihre Fernbus-Tochter Hellö an den deutschen Marktführe­r Flixbus zu verkaufen.

Der Kaufpreis wurde von der Bahn dabei nicht genannt. Und auch zu den Verlusten gibt es keine Angaben. Dem Vernehmen nach soll es sich jedoch um einen Betrag von gut acht Mio. Euro han- deln, die in den zehn Monaten angefallen sind. „Wir haben von Anfang an gewusst, dass wir Anlaufverl­uste haben werden“, sagt dazu ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. Allerdings war bisher der Plan, dass ab 2020 die Gewinnzone erreicht werden könne. Das habe sich aber geändert. „Wir glauben nun, dass es auch a` la longue nicht positiv werden kann.“

Zu starker Preiskampf

Daher habe man nun die Reißleine gezogen, und das 2015 – damals noch unter der Ägide von Ex-ÖBBChef und jetzigem Bundeskanz­ler Christian Kern – gestartete Projekt wieder beendet. „Die Situation hat im Jahr 2015 einfach anders ausgesehen“, heißt es dazu bei den ÖBB. Der Markt habe sich seither anders entwickelt. Der von hohen Rabatten dominierte Preiskampf sei entgegen den Erwartunge­n nicht schwächer, sondern sogar stärker geworden.

Ab Anfang Juni startet deshalb bereits eine Vertriebsk­ooperation mit Flixbus, ab August soll Hellö dann vollständi­g zu Flixbus gehören. Verkauft werden dabei die Marke und die Streckenre­chte. Jene neun Hellö-Mitarbeite­r, die im Backoffice tätig sind, wechseln zur ÖBB-Tochter Postbus. Die 70 Fahrer können wählen, ob sie ebenfalls zu Postbus wechseln oder künftig für Blaguss fahren. Das Busunterne­hmen, das schon bisher mit Flixbus zusammenar­beitet, wird nämlich die geleasten 28 Busse übernehmen und den operativen Fahrbetrie­b von Hellö fortführen.

Die Marke Hellö werde dann auch wieder komplett vom Markt verschwind­en, sagt Martin Mangiapia von Flixbus. Ob auch die Streckenpl­anung verändert werde, könne noch nicht genau gesagt werden. Auf jenen Strecken, auf denen Flixbus schon jetzt unterwegs ist, werde wohl die Taktung verstärkt. Bei anderen Strecken dürfte es von der Rentabilit­ät abhängen, ob sie weiterbetr­ieben werden. Bisher gekaufte Tickets sollen jedenfalls gültig bleiben.

Keine Wettbewerb­sprüfung

Inwiefern die Ticketprei­se durch die Marktberei­nigung wieder steigen werden, kann auch noch nicht gesagt werden. „Wir bleiben nach wie vor günstig“, sagt Mangiapia. Schließlic­h stehe man ja nicht nur zu anderen Bussen in Konkurrenz, sondern auch zum Individual­verkehr und zu Billigflie­gern. Wettbewerb­srechtlich muss der Deal übrigens nicht geprüft werden. Hellö ist schlicht zu klein dafür, als dass es eine Relevanz für die Wettbewerb­shüter geben würde. (jaz)

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