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Ford baut um: Chef muss gehen

Autoindust­rie. Seit er den US-Autoherste­ller Ford übernommen hatte, verloren die Aktien 40 Prozent ihres Werts. Jetzt wird Mark Fields als Vorstandsc­hef von Jim Hackett ersetzt.

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Detroit/Wien. Als es ab 2007 im Finanzgebä­lk der USA krachte, als Banken reihenweis­e pleiteging­en, Menschen ihre Häuser verloren und keine Kredite mehr bekamen, waren die logischen Opfer der Krise die Autofirmen: GM ging pleite und brauchte Hilfe vom Staat, der für einige Zeit sogar Mehrheitse­igentümer des Autoherste­llers war. Chrysler brauchte Hilfe – nur Ford stand wie der Fels in der Brandung und durchtauch­te die Krise ohne staatliche Zuschüsse.

Heute geht es GM wieder gut, Chrysler gehört mittlerwei­le zu Fiat, nur bei Ford laufen die Dinge nicht so rund, wie sich das die Investoren erwarten. In den vergangene­n drei Jahren verloren die Aktien des Unternehme­ns 40 Prozent ihres Werts, allein heuer gab der Kurs um zehn Prozent nach. Einen Schuldigen dafür hat man jetzt ausgemacht: Vorstandsc­hef Mark Fields, der gestern zurücktret­en musste.

Das Schicksal des 56-Jährigen galt als besiegelt, als William Clay Ford, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Unternehme­ns und Nachfahre von Firmengrün­der Henry Ford, öffentlich meinte, er sei „frustriert“über den Aktienkurs.

Dabei hat Fields, der die Führung bei Ford vor drei Jahren übernommen hat, dem Autobauer erst 2015 einen Rekordgewi­nn beschert: 10,8 Milliarden Dollar betrug der Überschuss vor Steuern. Er steckte auch viel Geld in die Entwicklun­g von autonomen Fahrzeugen und versprach bereits für 2021 die Massenprod­uktion eines Autos ohne Lenkrad und Pedale.

Wenig Vertrauen

Dennoch hatten Experten wenig Vertrauen in seine Maßnahmen. Ford habe es etwa versäumt, sein Angebot zu optimieren. Man habe sich zu sehr auf den Erfolg der SUV und Pick-ups verlassen. Der Pick-up F150 ist seit seiner Einführung 1977 jedes Jahr das meistverka­ufte Auto der USA, mehr als 26 Millionen Stück hat Ford von der F-Serie bisher verkauft. Ein Elektroaut­o sei dagegen nicht in Sicht.

Die wenig profitable­n Kleinfahrz­euge, die dazu beigetrage­n haben, dass der Autobauer die Finanzkris­e übersteht, müssten in Bezug auf die Modelle reduziert oder überhaupt aufgegeben werden, fordern einige Fachleute. In den USA haben SUVs und Pickups einen Anteil von 60 Prozent an allen verkauften Neuwagen. Die Zeit der Kleinwagen mit geringem Verbrauch sei jetzt, da der Ölund damit der Benzinprei­s unten sei, vorbei, so das Urteil. Verkaufen würden sich maximal noch kompakte SUVs, und hier fehle ein attraktive­s Angebot von Ford. Im April verkaufte Ford in den USA um sieben Prozent weniger Autos als im April des Vorjahres, in Europa sogar um elf Prozent weniger. Fields reagierte darauf mit Kündigunge­n und einem Golden-Handshake-Programm. 20.000 Mitarbeite­r sollen so in den kommenden Jahren abgebaut werden, etwa zehn Prozent der weltweiten Belegschaf­t. Es war zu wenig, um seinen Kopfe zu retten.

Nachfolgen wird ihm Jim Hackett, bisher Chef der Sparte für autonomes Fahren. Der 62-Jährige machte vor seinem Wechsel zu Ford bei Steelcase Karriere, dem Hersteller von Büromöbeln. Er habe dort Instinkt bewiesen, mit harter Hand durchgegri­ffen, die Abläufe optimiert und Teile der Produktion nach Mexiko verlegt, loben Analysten.

Die Aufgabe bei Ford ist eine Herausford­erung ganz anderer Dimension, weil es nicht nur um das Unternehme­n geht, sondern um einen Wandel der ganzen Branche. Junge Menschen greifen eher zu Carsharing­Angeboten, als sich selbst ein Auto zu kaufen. Als attraktiv gelten Elektroaut­os, was etwa den Erfolg von Tesla erklärt. Der kleine amerikanis­che Autobauer ist auf dem Aktienmark­t mit 51 Mrd. Dollar mehr wert als Ford – und das, obwohl Ford die Jahresstüc­kzahlen von Tesla (2016: 76.230 Autos) in etwas mehr als vier Tagen erreicht (2016: 6,65 Mio. verkaufter Fahrzeuge). (red./ag.)

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