Die Presse

Musik, farbig wie die Liebe und exotisches Vogelgezwi­tscher

Das ORF-RSO Wien mit Bruckner und Boulez: klug und souverän.

- VON WALTER DOBNER

Gleich mehrfach war an diesem Abend des Konzerthau­s-Zyklus „VokalKlang“das Thema Stimme präsent. Da er zugleich Teil des heuer Pierre Boulez gewidmeten Musikfests der Wiener Konzerthau­sgesellsch­aft war, stand auch ein Boulez-Werk auf dem Programm: der Liebeslied­erzyklus „Le visage nuptial“. Dessen Abwechslun­gsreichtum und besondere Farbigkeit werden durch die Besetzung noch verstärkt: Sopran, Alt, Frauenstim­men, großes Orchester. Die höhensiche­re Yeree Suh, die ausdruckre­iche Hilary Summers, die exzellent einstudier­ten Damen des MDR-Rundfunkch­ors und das ebenso exakt aufspielen­de ORF-RSO-Orchester unter dem umsichtig koordinier­enden Cornelius Meister waren ideale Interprete­n.

Darauf eingestimm­t wurde man durch Olivier Messiaens lächelnde Mozart-Hommage „Un Sourire“für Orchester, die besonders von Mozarts Klarinette­nquintett und dem Gesang des südafrikan­ischen Weißbrauen­rötels inspiriert ist.

In Bruckners Motette „Christus factus est“bewies der Chorus sine nomine, dass er zu den besten Vokalensem­bles des Landes zählt. Nicht ganz verständli­ch, weshalb nicht Chorleiter Johannes Hiemetsber­ger, der für die makellose Einstudier­ung gesorgt hatte, seine Choristen dirigierte. Den größten Eindruck hinterließ der Schlusspun­kt: Anton´ın Dvorˇaks´ „Biblische Lieder“, vokal eindringli­ch (mit dem hervorrage­nden polnischen Bariton Artur Rucin´ski) und differenzi­ert begleitet von dem sich auch klanglich von seiner besten Seite zeigenden Orchester – unter einem sich in dieser Musik hörbar zu Hause fühlenden Chefdirige­nten.

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