Erdo˘gan muss sich in Brüssel erklären
Der türkische Präsident traf EU-Granden bei Nato-Gipfel.
Brüssel. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan˘ auf dem, wie er jüngst konstatierte, „verrotteten Kontinent“: In der aufgewiegelten Stimmung der vergangenen Monate – Stichwort türkisches Referendum für die Einführung der Präsidialrepublik – waren Ankaras Töne gegenüber mehreren europäischen Ländern besonders rau. Nun war Erdogan˘ in Brüssel beim Nato-Gipfel zugegen und musste sich gleich bei mehreren Treffen erklären.
Der französische Präsident, Emmanuel Macron, setzte sich bei einer Unterredung mit Erdogan˘ für den französischen Fotografen Mathias Depardon ein, der seit mehr als zwei Wochen in türkischer Haft sitzt und vor einigen Tagen in Hungerstreik getreten ist. Depardon ist Mitarbeiter der Zeitschrift „National Geographic“. In Haft sitzt seit mehr als 100 Tagen auch der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel; es ist einer der Gründe, warum das deutsch-türkische Verhältnis derzeit massiv belastet ist. Zuletzt hat Ankara deutschen Abgeordneten nicht erlaubt, Bundeswehrsoldaten im NatoStützpunkt Incirlik zu besuchen. Seither denkt Berlin laut über die Verlegung der Truppen nach Jordanien nach, Kanzlerin Angela Merkel hat es am Donnerstag erneut bekräftigt. Sie werde das Besuchsrecht gegenüber Erdogan˘ „sehr deutlich machen“, so Merkel.
Thema Menschenrechte
EU-Ratspräsident Donald Tusk twitterte nach seinem Treffen mit Erdogan,˘ dass Menschenrechte „im Zentrum unserer Diskussionen“standen. Erdogan˘ hat mehrmals die Wiedereinführung der Todesstrafe in Aussicht gestellt, damit würden die – ohnehin stockenden – EU-Beitrittsgespräche ein Ende finden. (ag./red.)