Die Presse

Menschen im Krieg

Festwochen II. „Während ich wartete“von Mohammad Al Attar und Omar Abusaada führt ins zerrissene Syrien.

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Geschichte­n über den Krieg finden gewisserma­ßen außer Konkurrenz statt. Wie soll der Mensch, der satt im Frieden lebt, sich äußern zum Unvorstell­baren, der entfesselt­en Grausamkei­t über Jahre? Bei den Festwochen gibt es einen SyrienSchw­erpunkt, zu diesem gehört ein Stück mit dem sanftmütig klingenden Titel „Während ich wartete“von Omar Abusaada (Regie) und Mohammad Al Attar (Text).

Ein Mann wurde in Damaskus zusammenge­schlagen, nun liegt er im Koma. Seine Mutter sitzt bei ihm, seine Schwester, die im Libanon einen Job gefunden hat, kommt – und seine Freundin. Ein zweiter Mann durchläuft die Stadien des Entsetzens, der Auflehnung, der Annäherung an den IS und des Abscheus vor dessen Brutalität. Statt eines Komapatien­ten sehen wir nur ein leeres Bett, die beiden Protagonis­ten halten sich meistens auf einem Plateau oberhalb des Krankenzim­mers auf.

Der Kranke, Taym, wollte einen Film über seine Familie drehen. Er sammelte, zum Ärger seiner Mutter, privates Material, Briefe, die der Vater an sie schrieb, er war nicht treu, eine Schande, die die Mutter vor den Kindern zu ver- bergen versuchte. Der Spitalsauf­enthalt wird bald zu teuer, der wenige Besitz muss verkauft werden, trotzdem wird Taym schließlic­h in häusliche Pflege entlassen. Seine Schwester kann sich nicht entschließ­en, in den Libanon zurückzuke­hren. Die Freundin jedoch flüchtet in ein neues Leben.

Es gibt einige heitere Momente, wenn ein älterer Hippie, der mit seiner Gitarre inmitten des Chaos die innere Emigration wählte und sich mit häufigem Joint-Rauchen tröstet, sich plötzlich auf Tayms Schwester wirft, aber Liebe ist nicht möglich in dieser Lage.

Viel Heiterkeit im Publikum

Das Publikum lachte oft bei der Premiere am Mittwoch, seltsam, lustig ist hier eigentlich nichts. Schon gar nicht die originalen Einspielun­gen aus dem Syrien-Krieg.

Die Aufführung berührt, speziell, wenn Tayms Schwester von ihren Metamorpho­sen erzählt oder die Gruppe sich kurz bei einem Gläschen Wein entspannt, aber sie wirkt auch unbeabsich­tigt banalisier­end. Wer der Wucht des Krieges gerecht werden will, wähle vielleicht doch lieber Shakespear­e oder die alten Griechen. (bp)

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