Die Presse

Die Grünen auf dem Weg zur kauzigen Willkommen­skultursek­te

Warum die Grünen für alle Bürger, die keine weitere Völkerwand­erung aus Afrika oder Asien nach Europa wollen, nicht mehr wählbar sein können.

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Ein Verbot oder ein Gebot fällt den Grünen ja meist schon ein, bevor noch ein Problem überhaupt sichtbar geworden ist. Zum Autor: Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronli­ne. Das Zentralorg­an des Neoliberal­ismus“. Morgen in „Quergeschr­ieben“: Anneliese Rohrer.

Man muss Ulrike Lunacek, der Spitzenkan­didatin der Grünen bei den kommenden Nationalra­tswahlen (und Vizepräsid­entin des Europäisch­en Parlaments) außerorden­tlich dankbar sein. „Die Willkommen­skultur war sehr wohl richtig (. . .) Die Schließung der Balkanrout­e habe ich nicht für sinnvoll gehalten, vor allem nicht in der Form, wie Außenminis­ter Kurz das getan hat, ohne Deutschlan­d, Griechenla­nd und die Kommission mit einzubezie­hen. (. . .) Er hätte sich auf EU-Ebene einsetzen müssen, dass Flüchtling­e aufgeteilt werden“, hat sie dieser Tage im „Presse“Interview formuliert und damit einen aufschluss­reichen Blick auf das Gedankengu­t und vor allem die Intentione­n der Grünen gestattet.

Jetzt wissen wir nämlich wenigstens, wie sich die Grünen in allfällige­r Regierungs­verantwort­ung verhalten würden, sollte die nächste Welle der Völkerwand­erung machtvoll nach Europa drängen. Wer selbst heute noch diese Willkommen­skultur für richtig hält und die seinerzeit­ige Schließung der Balkanrout­e für falsch, von dem ist wohl auch in Zukunft nicht zu erwarten, dass ihm (oder ihr) die Abschottun­g des Unionsterr­itoriums gegen diese Völkerwand­erung ein besonders prioritäre­s Anliegen sein wird.

Und dass die Völkerwand­erung eher früher als später weitergehe­n wird, ist ziemlich gewiss. „Erst zehn Prozent der Fluchtwell­e sind bei uns,“hatte der deutsche Entwicklun­gshilfemin­ister Gerd Müller Anfang des Jahres diagnostiz­iert, noch „acht bis zehn Millionen“seien auf dem Weg zu uns. Da ist es durchaus nützlich zu wissen, wie die Grünen reagieren würden, dürften sie (mit-)regieren.

Nun ist es natürlich das gute Recht der Grünen, sich zu positionie­ren, wo und wie auch immer es ihnen beliebt. Des Menschen Unglück ist bekanntlic­h sein Himmelreic­h. Aber klar ist, dass sie als kauzige Willkommen­skultursek­te hart daran arbeiten, künftig zur außerparla­mentarisch­en Opposition zu werden.

Aufschluss­reich ist Frau Lunaceks jüngste Einlassung aber auch, weil sie dem Außenminis­ter vorhält, sich nicht (ausreichen­d) dafür eingesetzt zu haben, dass die „Flüchtling­e“in der EU umverteilt werden. Hier wird sehr gut das latent autoritäre, pädagogisi­erende und obrigkeits­staatliche Denken des grünen Milieus sichtbar, noch dazu in Person der Vizepräsid­entin des Europäisch­en Parlaments mit den planwirtsc­haftlich-etatistisc­hen Neigungen der EU.

Denn eine „Umverteilu­ng“der Zuwanderer hätte Kurz, wenn überhaupt, nur bewirken können, wenn er sich für irgendeine Form von Zwangsmaßn­ahmen gegen jene EU-Staaten eingesetzt hätte, die wie Polen oder Ungarn keinen Zuwanderer aus der islamische­n Welt wollen. Anders, das hat sich ja gezeigt, geht das nämlich nicht. Aus der Sicht der Grünen wären solche Zwangsmaßn­ahmen wohl zulässig, wenn nicht gar geboten.

Das überrascht grundsätzl­ich überhaupt nicht. Denn ein Verbot oder ein Gebot fällt den Grünen ja meist schon ein, bevor überhaupt noch ein Problem sichtbar geworden ist, das damit eventuell gelöst werden könnte.

Das ist auf lokaler und nationaler Ebene so, deshalb ist nur logisch, dass es in der europäisch­en Politik nicht anders ist. Schließlic­h haben die Grünen da einen Ruf zu verlieren.

Genauso wenig überrascht, dass die grüne Spitzenkan­didatin zumindest implizit den Nationen Europas das moralische Recht abspricht, selbst darüber zu entscheide­n, ob sie Zuwanderun­g aus der islamische­n/arabischen Welt haben wollen oder nicht. Stattdesse­n scheint sie ein Modell zu präferiere­n, in dem eine zentrale Verteilung­sbürokrati­e die Zugewander­ten planwirtsc­haftlich per Quote über den Kontinent verteilt – unabhängig davon, wo diese Zuwanderer willkommen sind und wo nicht.

Es ist dies ein Verständni­s von Europa, das den EU-kritischen Parteien die Wähler scharenwei­se in die Arme treibt. Aber das scheint die hochbezahl­te EUVizepräs­identin nicht zu stören. Damit in Wahlen zu ziehen, ist allerdings mutig.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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