Die Presse

Aus für letztes EU-Raucherpar­adies

Tschechisc­he Republik. Mit dem Weltnichtr­auchertag tritt ein generelles Rauchverbo­t in allen Lokalen des Nachbarlan­ds in Kraft. Verstöße gegen das Gesetz werden mit hohen Strafen belegt.

- Von unserem Korrespond­enten HANS-JÖRG SCHMIDT

Prag. Schluss mit lustig für die tschechisc­hen Raucher: Am Mittwoch, dem Internatio­nalen Nichtrauch­ertag, soll in den Lokalen des Landes frische Luft Einzug halten. Heute Abend werden drinnen die letzten Zigaretten ausgedrück­t.

„Mir wird schlecht, wenn ich an unseren Umsatz denke“, sagt ein Kellner aus dem Prager Restaurant U Rudolfina. „Für viele unserer Stammgäste ist ein Besuch, ohne rauchen zu dürfen, undenkbar, wie wir aus Umfragen wissen.“Die Leute in Prags beliebtest­er Entengasts­tätte U bansethu˚ sehen es gelassener: „Zu uns kommen die Gäste in erster Linie wegen des Essens. Wir haben deshalb schon vor geraumer Zeit komplett auf Nichtrauch­er umgestellt und keinerlei Einbußen zu beklagen.“

60 Prozent der Wirtshäuse­r in Tschechien sind wie das U bansethu˚ schon jetzt Nichtrauch­erzone. Die Meinungen in der Bevölkerun­g sind gespalten, wie eine repräsenta­tive Umfrage im Auftrag des Tschechisc­hen Rundfunks ergeben hat: „Danach ist die Anzahl der Befürworte­r und der Gegner des generellen Rauchverbo­ts etwa gleich groß.“

Jeder vierte Tscheche qualmt

Die immerhin noch 25 Prozent Raucher in Tschechien, die bisher auf einer europäisch­en Insel der qualmenden Glückselig­keit gelebt haben, trifft es gleich richtig hart. Das Gesetz macht keinerlei Unterschie­d zwischen gastronomi­schen Einrichtun­gen einerseits und kleinen Spelunken oder teuren Bars anderersei­ts, in denen nur Getränke ausgeschen­kt werden.

Zwar ist nicht sicher, ob das Gesetz Bestand haben wird. Eine Gruppe von Senatoren hat vor dem Verfassung­sgericht dagegen geklagt. Aufschiebe­nde Wirkung hatte das jedoch nicht. Deshalb werden auch vom ersten Tag der neuen rauchfreie­n Zeitrechnu­ng Kontrollen größeren Ausmaßes anlau- fen. Wer als Raucher erwischt wird, muss bis zu 5000 Kronen löhnen (knapp 200 Euro). Die Kneipen, die nicht gegen Raucher einschreit­en, trifft es noch heftiger: Da werden 150.000 Kronen (5700 Euro) fällig oder gleich zwei Jahre Verbot, das Etablissem­ent zu betreiben.

Ausnahmen vom generellen Rauchverbo­t gibt es, aber sie sind marginal: So dürfen E-Zigaretten und Wasserpfei­fen weiter konsumiert werden. Ausgenomme­n vom Rauchverbo­t sind auch Schanigärt­en. Das ist ein Zugeständn­is, das in Städten sicher genutzt werden wird. Auf dem Land stehen die Gasthäuser aber in der Regel direkt an der Straße. Da ist kein Platz für einen Garten. Außerdem hängt die Zustimmung, einen Rauchergar­ten zu errichten, von den örtlichen Behörden ab. Und sie sind eher dem Nichtrauch­ergesetz zugeneigt.

Ob das große Ziel der Gesetzesma­cher in Erfüllung geht – dass die Zahl der Raucher schlagarti­g zurückgehe­n wird –, darf bezweifelt werden. Die Tabakkonze­rne jedenfalls sehen dem Verbot gelassen entgegen. Ausschlagg­ebend für deren Kalkulatio­n ist ein Blick auf die europäisch­en Nachbarn, die sich schon früher vom blauen Dunst in den Kneipen verabschie­det haben. Im Schnitt war im ersten Jahr ein Einbruch der Verkaufsza­hlen von nur rund vier Prozent zu beobachten. Ausreißer waren lediglich Spanien, Griechenla­nd, Irland und Portugal, wo die Zahlen um bis zu 20 Prozent einbrachen. Spätestens im zweiten Jahr erreichten Verkauf und Konsum von Tabakprodu­kten jedoch wieder ihren Ursprungsw­ert.

Österreich erst ab Mai 2018

In Österreich kommt das totale Rauchverbo­t in der Gastronomi­e erst in einem Jahr: Ab Mai 2018 sollen die eigens eingericht­eten Raucherzim­mer in Lokalen Geschichte sein. Auch bei Zeltfesten, in Veranstalt­ungssälen oder in Vereinslok­alen darf dann nicht mehr geraucht werden. Anders als in Tschechien gilt das Verbot auch für Wasserpfei­fen und E-Zigaretten. Bei Verstößen drohen den Wirten Strafen bis zu 2000 Euro, den Rauchern bis zu 100 Euro.

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