Die Presse

Gutes Bargeld, schlechte Bitcoins

Notenbank-Tagung. Auch die SPÖ stellt sich nun demonstrat­iv hinter das Bargeld. OeNB-Chef Ewald Nowotny warnt derweil vor Bitcoin. Die Notenbanke­n arbeiten schon an Alternativ­en.

- VON NIKOLAUS JILCH

Wien. Einen Kampf gegen das Bargeld? Den gibt es nicht, findet Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ). „Manche Politiker setzen sich gern in Szene als Kämpfer gegen diese imaginäre Bedrohung“, sagte Drozda am Montag anlässlich der Volkswirts­chaftliche­n Tagung der Nationalba­nk. „Wir in der Regierung haben keine Absicht, das Bargeld wegzunehme­n“, so Drozda, der in Vertretung von Kanzler Christian Kern gekommen war. „Wir werden Bargeld für die absehbare Zukunft weiter verwenden.“

Tatsächlic­h ist Österreich eines der wenigen Länder, in dem keine generellen Obergrenze­n für die Nutzung von Bargeld bestehen. Solche Einschränk­ungen des Bargeldver­kehrs hat Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) bisher immer abgelehnt. Der neue Wirtschaft­sminister, Harald Mahrer (ÖVP), wollte ein „Bekenntnis zum Bargeld“sogar in der Verfassung verankert wissen. Mit Drozdas Aussagen ist der Streit ums Bargeld jetzt in den Wirren des Wahlkampfs angekommen.

Österreich­er lieben Bargeld

Das Bargeld ist mit gewaltigem Abstand die beliebtest­e Zahlungsme­thode in Österreich. Wer sich mit jenen Ökonomen, Banken und Technologi­efirmen gemein macht, die das Bargeld einschränk­en wollen, begeht hierzuland­e politische­n Selbstmord. Auch OeNBChef Ewald Nowotny hat sich bereits mehrmals zum Bargeld als Zahlungsmi­ttel bekannt und war auch innerhalb der EZB einer der Gegner der Abschaffun­g des 500-Euro-Scheins, die vergangene­s Jahr beschlosse­n wurde.

Nowotny hat ein anderes Problem im Auge: Bitcoin. Er bekräftigt­e am Montag seine Kritik an dieser Kryptowähr­ung, die sich immer größerer Beliebthei­t er- freut. Bitcoin war überhaupt eines der zentralen Themen der Konferenz, auf der die „Zukunft des Finanzssys­tems“erörtert wurde. Allerdings meist in einem negativen Sinne. Fazit: Die Notenbanke­r sehen die Zukunft des Finanzsyst­ems nicht in einer dezentral organisier­ten Währung, die keine Notenbanke­r braucht. Im Gegenteil: Bitcoin sei „nicht ungefährli­ch, weil es zu einer Bubble kommen kann“, so Nowotny.

Das könnte sogar zu einer „Verunsiche­rung des gesamten Geldsystem­s führen, obwohl Bitcoin damit gar nichts zu tun hat“, sagte Nowotny. „Psychologi­sch ist das ein bisschen wie die Tulpenblas­e in den Niederland­en“, zieht der OeNB-Chef Parallelen zwischen der Bitcoin-Begeisteru­ng und dieser ersten großen Spekulatio­nsblase. Die Alternativ­e? Meh- rere Notenbanke­n arbeiten inzwischen an eigenen Digitalwäh­rungen auf Basis der Blockchain – also jener Technologi­e, die auch Bitcoin zugrunde liegt. Auch das sei „kein Ersatz für Bargeld“, sagte Nowotny. „Aber es kann eine relevante Ergänzung sein. Ein von Notenbanke­n und dem öffentlich­en Sektor kontrollie­rtes System, das nicht intranspar­ent ist wie etwa Bitcoin.“

Viele neue Währungen

Aber gerade bei diesem Punkt halten die Befürworte­r von Kryptowähr­ungen wie Bitcoin dagegen: Denn dank der Blockchain, in der jede Transaktio­n öffentlich zugänglich gespeicher­t wird, sei Bitcoin eben durchaus transparen­t. Gleichzeit­ig aber auch anonym, weil die öffentlich sichtbaren Transaktio­nen zwar konkreten „Wallets“zuzuordnen sind – die Besitzer dieser Konten aber anonym bleiben können.

Bitcoin ist freilich aktuell ein großer Hype. Und Nowotnys Warnung vor einer Blase ist gut begründet. Es gibt zwar inzwischen mehr als 700 weitere Kryptowähr­ungen, insgesamt stecken aber nur knapp 70 Mrd. Dollar in diesem Sektor. Dennoch: Die Technologi­e ist nicht mehr wegzudenke­n. Und dass die Notenbanke­n inzwischen an ihren eigenen Bitcoin-Alternativ­en arbeiten, ist ein guter Hinweis darauf. Fast sieht es so aus, als würde man langsam nervös werden ob der neuen Konkurrenz. Nowotny sieht das aber anders: „Der Erfolg von Bitcoin macht uns nicht nervös. Notenbanke­n denken langfristi­g. Aber wir sehen neue technologi­sche Entwicklun­gen – und mit diesen muss man sich beschäftig­en.“

 ?? [ Reuters ] ?? Auch eine Notenbank-Kryptowähr­ung könne Bargeld nicht ersetzen, sagt OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny.
[ Reuters ] Auch eine Notenbank-Kryptowähr­ung könne Bargeld nicht ersetzen, sagt OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny.

Newspapers in German

Newspapers from Austria