RHI: Klage gegen den „Männerverein“
Diversität. Das rechtliche Vorgehen von Aktionär Rupert-Heinrich Staller gegen die Wiederwahl von vier Aufsichtsräten setzt den Konzern und dessen Fusionspläne mit Magnesita unter Druck.
Wien. War es nur eine leere Drohung? Sollte die Führung des Feuerfestkonzerns RHI davon ausgegangen sein, dass der streitbare Investor Rupert-Heinrich Staller in der Hauptversammlung am 5. Mai nur seinem Unmut über diverse Beschlüsse Luft gemacht hat und die Sache damit auf sich beruhen lassen wird, müssen sie nun ihre Meinung revidieren. Staller hat die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die HV-Beschlüsse zu den Wahlen in den Aufsichtsrat termingerecht eingebracht. Und das Handelsgericht Wien hat – was entscheidend ist – den Konzern bereits zur Klagsbeantwortung aufgefordert. Damit hat das Gericht die Klage zugelassen.
Die Causa ist bemerkenswert: Erstmals muss sich ein börsenotiertes Unternehmen wegen des Verstoßes gegen die im Paragraf 87 Abs. 2a Aktiengesetz festgehaltene Diversitätsforderung verantworten. Dort heißt es, dass bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern auch „Aspekte der Diversität des Aufsichtsrats im Hinblick auf die Vertretung beider Geschlechter angemessen zu berücksichtigen seien“.
Bei der RHI standen vier Aufsichtsräte zur Wiederwahl – Herbert Cordt, Helmut Draxler, Hubert Gorbach und Alfred Gusenbauer. Die Anfechtung richtet sich gegen die Wahl aller vier – zumindest aber (aus rechtlichen Gründen) gegen die Wahl Gusenbauers, die als letzte erfolgt ist.
Konsequente Missachtung
Das Kontrollorgan sei ein reiner „Männerverein“, kritisiert Staller. Und zwar nicht erst jetzt. Schon bei den Aufsichtsratswahlen 2012, 2013, 2014 und 2016 sei in keinem Fall „eine Frau gewählt oder auch nur zur Wahl vorschlagen“worden, heißt es in der Klage, die der „Presse“exklusiv vorliegt. Deshalb hat Staller vor der letzten HV er- sucht, eine Frau vorzuschlagen und ihr auch den Vortritt zu lassen. Die Schreiben blieben unbeantwortet. Stallers Schlussfolgerung: Seit Inkrafttreten habe die RHI den Paragraf 87 Abs. 2a trotz wiederholter Aufforderungen „konsequent missachtet und ignoriert“. Ihm gehe es „um eine nüchterne Klärung der aktienrechtlichen Bestimmungen, welche Kriterien bei der Wahl in den Aufsichtsrat zu beachten sind“.
Die Stellungnahme des Unternehmens fiel auf „Presse“-Anfrage knapp aus. „Uns liegen die Klage und das Gerichtsschreiben noch nicht vor, wir können daher noch nichts über unsere Vorgangsweise sagen“, erklärte RHI-Sprecher Stefan Rathausky.
Die Anfechtung könnte, so ihr stattgegeben wird, eine Neubesetzung des Aufsichtsrats erforderlich machen. Sie setzt aber auch die RHI in ihren Plänen zur Fusion mit der brasilianischen Magnesita unter Druck, wenn vier der acht Kapitalvertreter in ihrer Aktionsfähigkeit eingeschränkt sind – auch wenn sie gewählt wurden.
Dass drei der vier Aufsichtsräte RHI-Hauptaktionär Martin Schlaff zugerechnet werden, gibt der Sache zusätzlich Brisanz. Es ist kein Geheimnis, dass Staller zu den Gegnern der Fusion zählt, die von Schlaff betrieben wird. Viele Aktionäre kritisieren das mit dem Deal verbundene Schuldenwachstum und die Übersiedlung an die Londoner Börse, die Schlaff einen Ausstieg erleichtern könnte. RHIBoss Stefan Borgas argumentiert indes mit der Schaffung eines Weltkonzerns. „In der Hauptversammlung wurde zugegeben, dass Schlaff einen geheimen Beratervertrag mit der RHI hat, um seinen Deal mit der Magnesita zu verhandeln. Es scheint, dass die Bestimmung im Aktienrecht, wonach der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten hat, für den RHI-Aufsichtsrat bisweilen nur Zierde ist“, sagt Staller.