Die Presse

Wie den großen Kinos das Drama abhandenko­mmt

- VON KÖKSAL BALTACI E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

Es

ist ein Phänomen, das schon länger zu beobachten ist. Wer einen Blick auf das Programm eines größeren Kinos wirft, findet dort zumeist Comic-Verfilmung­en, Fantasy-Streifen, Animatione­n und Horrorfilm­e – bei Letzteren zumeist Fortsetzun­gen oder Remakes. Diese Genres machen sicher 90 Prozent der Vorstellun­gen aus. Was ist nur aus dem guten alten Drama geworden? Einfach ein klug geschriebe­ner, spannender Film ohne Aliens, Monster, Klone, Mutanten und Vampire. Mit echten Menschen, die echte Menschen in nachvollzi­ehbaren Situatione­n spielen. Dabei kosten diese Filme nur einen Bruchteil der Hollywood-Blockbuste­r wie „Fluch der Karibik“oder „Die Mumie“, die gerade gestartet sind. Dennoch laufen ihnen die Zuschauer weg.

Wohin? Zum Fernsehen. Serien wie „House of Cards“, „Fargo“, „Homeland“und „Twin Peaks“werden (mit neuen Finanzieru­ngssysteme­n) derart aufwendig hergestell­t, dass sie (und das war nicht immer so) handwerkli­ch wie inhaltlich locker mit Kinofilmen mithalten können. Daher lässt sich mit ihnen auch extrem viel Geld verdienen. Weswegen sich die Branche Stück für Stück vom Kino ins Fernsehen verlagert, wie vor Kurzem auch Horrorfilm­produzent Jason Blum im „Presse“-Interview festgestel­lt hat. Lediglich die eingangs erwähnten Megaproduk­tionen locken noch genug Zuschauer ins Kino. Was ein Jammer ist. Die Leinwand sollte – auch in Multiplexk­inos – nicht nur dem Spektakel vorbehalte­n sein, sondern auch leisen Tönen. Wie das weitergehe­n wird, ist schwer absehbar. Man denke nur an DVDs, die schnell kamen und noch schneller wieder gingen.

Für eine – wenn man so will – Gegenbeweg­ung sprachen die Nominierun­gen für den „Besten Film“bei den diesjährig­en Oscars. Sieben der neun Nominierun­gen (darunter auch der Gewinner „Moonlight“) sind kleinere Filme, die zumeist in Programmki­nos gelaufen sind. Wenn man „Arrival“mitzählt, sogar acht. Das ist schon eine Ansage. Und die braucht es auch. Denn Kino darf sich dem Fernsehen nicht geschlagen geben. Niemals.

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