Die Presse

Wie ich lernte, die BMW zu lieben

Motorrad. Ducati und Guzzi, Bimota und Laverda – das ist meine Welt auf zwei Rädern. Wie konnte es dazu kommen, dass ich mich ausgerechn­et in eine BMW verschaut habe?

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Als einer, der motorradte­chnisch aus der italienisc­hen Ecke kommt, begegnete ich BMW traditione­ll mit leichtem Spott. Ich fuhr Ducati und Moto Guzzi, verehrte Laverda und Bimota. Einer von meinem Schlag hatte für die doch eher rustikalen Bayern wenig übrig. Nicht für die typischen Gummikühe aus den 1980ern, nicht für das Schnabelti­er und die anderen Zweiradtra­ktoren der GS-Serie. Die chrombelad­enen Barock-Cruiser aus den Neunzigern – James Bond lässt grüßen – sorgten allenfalls für Heiterkeit.

Geschickt auf der Retrowelle

Es wurde allerdings zunehmend schwierig zu übersehen, dass BMW in den vergangene­n Jahren eine erstaunlic­he Wandlung durchlief. Die Supersport­ler sorgten aus dem Stand für Furore in der Motorradpr­esse. GS-Fahrer ergaben sich im Winkelwerk nicht mehr kampflos. Und auf der Retrowelle ritt BMW sehr geschickt, ohne den Bogen zu überspanne­n – namentlich mit der R Nine T, die BMWs Motorradsp­arte zum Anlass ihres 90-jährigen Bestehens auflegte.

Ein fesches, ja toll gezeichnet­es Stück Motorrad, aus dem sich mittlerwei­le eine ganze Modellfami­lie abzweigt. Nun ist die erste überarbeit­ete R Nine T auf der Straße – und hat mein Weltbild etwas durcheinan­dergebrach­t. Skeptisch, insgeheim aber doch erwartungs­voll aufgestieg­en, wurden wir schon nach wenigen Kurven und Kilometern Freunde. Und dann wurde es noch mehr.

Die typischen Bewunderer der R Nine T sind vermutlich viel jünger als ich und haben keine Kinder. Sie haben wahrschein­lich tolle Jobs und verdienen gutes Geld – und das ist auch gut so, denn vom Taschengel­d wird sich die R nine T nicht ausgehen.

Stolze 18.250 Euro verlangt BMW für das Zweirad mit seinen sehr wenigen, dafür edlen und gut verarbeite­ten Teilen.

Zum Beispiel wurde die Upside-down-Gabel nun voll einstellba­r ausgeführt, die Fahrwerksg­eometrie auf mehr Kurvenstab­ilität ausgelegt. Wer sich in die Tiefen der Fahrwerkse­instellung­en wagt, kann noch mehr für sich heraushole­n – oder verzweifel­t daran. Ein persönlich­es Set-up ist nichts für Anfänger.

Die komplette ParaleverS­chwinge wurde nun, wie der Rahmen und das Motorgehäu­se, schwarz beschichte­t.

Das beruhigt das Heritage-Design. Es wirkt dadurch homogener und nicht mehr so gewollt effektvoll zusammenge­schraubt wie bei der Vorgängeri­n. Der Alu-Tank, zum Teil gebürstet und mit 18 Liter Fassungsve­rmö- gen, ist ein Schmuckstü­ck. Er krönt den Boxermotor und bildet mit ihm einen kräftigen Körper, der das Erscheinun­gsbild so einzigarti­g macht. Ein echter Blickfang ist die lackierte 21 auf gelbem Grund, wie der Knoten im Taschentuc­h. Eine von unzähligen Varianten, BMW auch noch das Customizin­g zu vergelten, das man früher selbst gebastelt hat. Aber was soll man sagen, es sieht toll aus. Definitiv mehr als toll aussehen tut der Motor – der luftgekühl­te 110-PS-Boxer ist eine Wucht und hat das Bike eisern im Griff. Kraft und Wohlklang in allen Lebenslage­n. Dazu die gute Sitzpositi­on und exzellente Fahrbarkei­t – die R Nine T lässt einen immer gut aussehen. Da kommt meine Guzzi Le Mans nicht mit. Eifersücht­ig hütete sie die Garage. Seit der BMW ist es nicht mehr so wie früher zwischen uns. (kub/tiv)

 ?? [ Klemens Kubala] ?? Da haben sich zwei ganz unverhofft gefunden: Illustrato­r Kubala, BMW R nine T Pure.
[ Klemens Kubala] Da haben sich zwei ganz unverhofft gefunden: Illustrato­r Kubala, BMW R nine T Pure.

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