Als Roadster geliebt, als Sportwagen verkannt
Fahrbericht. Mazdas MX-5 steht einer Autowelt im Größenwahn nahezu allein gegenüber. Dabei wissen echte Fahrertypen, dass Fahrfreude nur durch Weglassen gesteigert werden kann. Das feste Faltdach des MX-5 RF passt da noch locker hinein.
Bedauerlicherweise steht das Leichte, Schlackefreie derzeit gar nicht hoch im Kurs. Auf den Straßen wird Turmbau betrieben, jeder will höher sitzen, die kleinen Lkws in ihrem robust-martialischen Look verstellen zunehmend die Sicht. (Ein Leser steuerte dazu den schönen Begriff Gemeindebauförsterwagen bei.)
Wie wohltuend und erfrischend ist da der Ausreißer nach unten, Mazdas MX-5. Seit bald drei Jahrzehnten auf der Welt, amtierend in vierter Generation – alle kennen den charismatischen Roadster, der einem immer zuzuzwinkern scheint, wo andere mehr oder minder effektvoll die Zähne fletschen.
Nun gibt es den MX-5 in einer neuen Karosserievariante namens RF. Das steht für Retractable Fastback – das klingt schon einmal ziemlich gut. Eine frühere MX-5-Generation hatte es kurzzeitig mit Hardtop gegeben, damit ist der RF aber nicht zu verwechseln.
Kein Raubbau
Er ist im Charakter völlig eigenständig, die Kinematik des versenkbaren Blechdachs ist aufwendig. Auf Knopfdruck öffnet sich eine Klappe im Heck und nimmt das elektrisch dargereichte Dachelement auf. Der Vorgang dauert ampelfreundliche zwölf Sekunden und kann auch im Schritttempo rollend absolviert werden. Raubbau am Kofferraum findet keiner statt, er bleibt gleich groß (oder eher klein) wie beim Roadster.
Gut aussehen tut der RF offen wie geschlossen, doch der natürliche Aggregatzustand ist gasförmig: Dach auf und in Frischluft baden, wann immer es geht.
Doch würdigen wir zunächst noch die unerhörte Sparsamkeit im Platzverbrauch, die den MX-5 so einzigartig macht. Er ist kürzer als ein VW Polo und niedriger als ein Porsche 718 Boxster. Die Motorhaube ist also nicht tatsächlich lang, sondern wirkt nur so, weil der Rest vom Auto so knapp geschnitten ist. Die mit der neuen Generation abermals leicht nach unten verlegte Sitzposition kommt nicht nur dem Fahrgefühl entgegen, sondern verhindert auch, dass größere Erwachsene von der Sause ausgeschlossen sind. Bei 1,82 Metern Körperlänge knistert das Haupthaar kaum störend am Dachhimmel beziehungsweise lässt es sich bei offenem Dach noch unterhalb des Windschutzscheibenrahmens Ausschau halten. Wir kennen allerdings deut- lich größere MX-5-Aficionados – keine Ahnung, wie die sich falten.
Während niemand infrage stellen wird, dass der MX-5 für puristisches Fahrvergnügen steht, muss hier ein Plädoyer für den Mazda als Sportwagen gehalten werden.
Auch in diesem Genre hat sich schieres Weglassen immer schon bewährt. Als RF mit Zweilitermotor, somit in schwerstmöglicher Variante (von einer indiskutablen Automatikversion abgesehen), kommt der MX-5 auf 1130 Kilogramm. Da braucht man sich nicht sorgen, mit 160 PS zu kurz zu kom-
L/B/H: 3915/1735/1236 mm. Radstand: 2310 mm. Leergewicht: 1130 kg. Kofferraumvolumen 127 Liter.
R4-Zylinder-Otto, 1998 cm3. Leistung max.: 118 kW (160 PS), Drehmoment max.: 200 Nm bei 4600/min. 0-100 km/h in 7,5 sec. Vmax: 215 km/h. Testverbrauch: 8,0 l/100 km. Zwei Sitzplätze. Hinterradantrieb. Getriebe: sechs Gänge manuell.
Ab 37.390 Euro (Variante Revolution Top). men. Preislich kommt die teuerste Variante auf 37.390 Euro, dies inkludiert bereits das essenzielle Bilstein-Fahrwerk, das Sperrdifferenzial an der Hinterachse und die Recaro-Sportsitze. Als Basis Leichtgewichtigkeit, ein superkurzes Sechsganggetriebe, ein drehfreudiger Motor und Heckantrieb – nicht weniger, aber auch nicht mehr braucht es zum Sportwagen, der sich per se ja nicht durch Motorleistung und atemberaubende Beschleunigung definiert, sondern durch erhebendes Kurvenerlebnis.
Im MX-5 bedeutet das zunächst einmal: Arbeit und Disziplin. Wir hatten unlängst den Porsche Cayman S zu Gast, der beim Schnellfahren jeden Deppen gut aussehen lässt. Porsches Raketentechnik im Fahrwerk und ein Superhirn an Elektronik bringen einen immer flott und sicher um die Kurven. Das ist vom MX-5 nicht zu haben. Da will gefeilt sein an der schnellen Linie, heißt es zunächst einmal sauber Auto fahren, die Vorgänge einkuppeln, anbremsen, runterschalten, auskuppeln, einlenken, Gas geben und sachte gegenlenken, harmonisieren, und nur, wenn das sauber bewerkstelligt wurde, schießt man aus der Kurve in die nächste Gerade. Eine unsaubere Linie mit Motorleistung korrigieren, dazu reicht die Power nicht. Man merkt sofort, wenn irgendwo eine Ecke drin war, und müht sich um einen geschmeidigeren Tanz bei der nächsten Biegung. Das kann einen je nach Versiertheit durchaus in den Grenzbereich der Haftung an Vorder- und Hinterachse führen, womit neue Türen aufgestoßen wären. Fad wird es so schnell nicht.
Dass man das ESP quasi ab Ausparken deaktivieren kann, versteht sich von selbst. Es ist dafür gedacht, ungeübte Fahrer auf regennasser Fahrbahn vor dem Schleudern zu bewahren, und entsprechend humorlos eingestellt. Die MX-5-Cracks freuen sich bei Regen über die Gelegenheit, ihre Driftkünste zu verfeinern.