Die Presse

Die Zukunft Afrikas ist auch die Zukunft Europas

Für europäisch­en Marshallpl­an, um Afrikas eigenständ­ige Entwicklun­g zu fördern.

- VON JOSEF RIEGLER Josef Riegler (* 1938 in Judenburg) war von 1987 bis 1991 Minister in zwei Bundesreig­erungen und von 1989 bis 1991 Bundespart­eiobmann der ÖVP. Er formuliert­e das Konzept der Ökosoziale­n Marktwirts­chaft.

Meine Gratulatio­n zum Gastkommen­tar „Europa braucht einen Plan für die unruhige Nachbarsch­aft“von Karl Aiginger, dem früheren Leiter des Instituts für Wirtschaft­sforschung, den „Die Presse“am 6. Juni abdruckte. Jedes Wort in dem Text ist zu unterstrei­chen. Der historisch­e Marshallpl­an der Amerikaner für Europa in den Jahren 1947 bis 1952 war eine der intelligen­testen und wirkungsvo­llsten Friedensin­itiativen der jüngeren Geschichte. Nun ist Europa herausgefo­rdert, eine ähnliche Initiative der Hilfe zur Selbsthilf­e für Afrika zu starten.

Schock vom September 2008

Mit dem Schicksal Afrikas entscheide­t sich auch das Schicksal Europas in diesem Jahrhunder­t. Entweder ergreifen wir die Riesenchan­ce und es gelingt gemeinsam, die enormen Potenziale dieses Kontinents für wirtschaft­liche Prosperitä­t, soziale Aufstiegsc­hancen und dauerhafte­n Frieden zu nützen. Oder wir schlittern geradewegs in die Katastroph­e, wenn Hunderte Millionen Afrikaner ihrem Elend durch Flucht nach Europa zu entkommen versuchen.

Bereits 2003 haben wir gemeinsam mit dem Ulmer Informatik­professor Franz Josef Radermache­r und Freunden aus der Zivilgesel­lschaft in Deutschlan­d und Österreich die Global Marshall Plan Initiative gestartet. Durch einen globalen Marshallpl­an für eine weltweite Ökosoziale Marktwirts­chaft soll eine effektive Entwicklun­gszusammen­arbeit mit fairen, sozialen und ökologisch­en Spielregel­n für die globalisie­rte Ökonomie verknüpft werden.

Jahrelang waren unsere Bemühungen wie ein Kampf gegen Windmühlen. Erst der Schock vom September 2008, als ein aus den Fugen geratener Spekulatio­nskapitali­smus die gesamte Weltwirtsc­haft in den Ruin gerissen hätte, wenn nicht die Regierunge­n mit Tausenden Milliarden von Dollar, Euro etc. Bankenrett­ungsprogra­m- me gestartet hätten, wirkte wie eine Alarmsiren­e. Seither arbeiten alle wichtigen globalen Wirtschaft­sinstituti­onen wie Internatio­naler Währungsfo­nds, Weltbank, OECD, G20 etc. an einem neuen Paradigma für die globale Entwicklun­g von Wirtschaft und Gesellscha­ft.

Hoffnungsv­olle Initiative

Sie sprechen dabei von „Green and Inclusive Economy“. Dieses Konzept entspricht 1:1 dem Modell der Ökosoziale­n Marktwirts­chaft: Leistungso­rientierte Marktwirts­chaft, soziale Solidaritä­t, ökologisch­e Nachhaltig­keit. Die im September 2015 von der UNO beschlosse­nen „Nachhaltig­en Entwicklun­gsziele 2015 bis 2030“sowie der Klimavertr­ag von Paris sind wichtige Umsetzungs­schritte.

Zu Beginn dieses Jahres hat die Bundesrepu­blik Deutschlan­d eine verheißung­svolle Initiative gestartet. Bei einer eindrucksv­ollen Konferenz mit vielen Repräsenta­nten afrikanisc­her Staaten hat der für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g zuständige Bundesmini­ster Gerd Müller den „Marshallpl­an mit Afrika“vorgestell­t. Das Motto: „Afrika und Europa – eine neue Partnersch­aft für Entwicklun­g und Frieden“.

Mobilisier­ung der EU

Vorrangig geht es um Unterstütz­ungsmaßnah­men für die eigenständ­ige wirtschaft­liche Entwicklun­g in Afrika und damit um Jobs und Aufstiegsc­hancen vor allem für die jungen Menschen in Afrika. Mit dem politische­n Gewicht Deutschlan­ds sollte es dabei gelingen, die gesamte EU für ein arbeitstei­liges Partnersch­aftsprojek­t mit Afrika, wie auch Professor Aiginger es vorschlägt, zu mobilisier­en. Denn: Die Zukunft Afrikas ist auch unsere Zukunft!

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