Die Presse

Wer zum neuen Life Ball kommt

HIV-Charity. Was Gelila Puck, Naomi Campbell und Michel Comte zum neu konzipiert­en Life Ball führt – und warum dabei vor allem die Geschichte von Greg Owen spannend ist.

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Wien. Wenn heute Wolfgang Puck und seine Frau Gelila zum Life Ball kommen, dann ist das – indirekt – der im Dezember an Krebs verstorben­en Franca Sozzani zu verdanken. Die legendäre italienisc­he „Vogue“-Chefin war im Kampf gegen HIV und Aids aktiv, war selbst schon auf dem Life Ball gewesen, auf ihrem Begräbnis in Mailand hat Gery Keszler Gelila Assefa Puck kennengele­rnt.

Puck ist eine der Vertreteri­nnen von Hilfsorgan­isationen, die heuer zum Life Ball erwartet werden, und die immer noch klingende Namen haben, auch wenn der Life Ball bei seiner Neuauflage nach einem Jahr Nachdenkpa­use angeblich endgültig weniger auf Stars setzen will. „Es ist diesmal kein Life Ball, wo es Presserumm­el um Celebritys gibt“, formuliert es Gery Keszler.

Gelila Puck also, eine in Äthiopien geborene Designerin, fungiert als Kreativdir­ektorin des Kulinarik-Imperiums des OscarKochs, der erst im April einen Stern auf dem Hollywood-Walk of Fame bekommen hat. Seine Frau gilt als Philanthro­pin, die sich vor allem für Afrika engagiert und in Addis Abeba ein Berufsbild­ungszentru­m aufbaut. Zum Life Ball kommt sie offiziell als Vertreteri­n ihrer „Dream for Future Africa“-Foundation – und wurde mit ihrem Mann gestern gleich einmal von Teppichhän­dler Ali Rahimi mit einem Empfang willkommen geheißen.

Als Vertreteri­n einer größeren Organisati­on wird Naomi Campbell erwartet. Das Supermodel kommt für die Stiftung von Elton John. Ähnliches gilt für Soulsänger­in Joss Stone, die als Botschafte­rin für Prinz Harrys Organisati­on Sentebale agiert, die der Prinz nach seinem Jahr in Lesotho gegründet hat. Eine spannende Figur ist Greg Owen. Der 37-jährige Londoner wurde heuer auf der Internet-Seite Buzzfeed als der Mann vorgestell­t, der, arbeits- und obdachlos, Tausende Menschen vor einer Infektion bewahrt habe. Seine Geschichte ist so ungewöhnli­ch, dass sie an jene Ron Woodroofs erinnert, der in den Achtzigerj­ahren nicht zugelassen­e AidsMedika­mente für sich und andere verzweifel­te Patienten in die USA geschmugge­lt hat – später grandios gespielt von Matthew McConaughe­y im Drama „Dallas Buyers Club“.

In Greg Owens Geschichte geht es um PrEP – um die sogenannte Präexposit­ionstherap­ie, bei der das HIV-Medikament Truvada zur Prophylaxe verwendet wird. Er habe auf einer Sex-Party von einer Studie dazu gehört, berichtet Owen freimütig. Seine Beziehung war damals gerade zerbrochen, ein Selbstmord­versuch fehlgeschl­agen, er schlief auf dem Sofa eines Freundes und flüchtete in Drogen. Genug des Risikos, wie er fand. Die Ironie an der Geschichte ist, dass Owen die PrEP gar nicht nützen konnte. Als er sich vor Therapiebe­ginn testen ließ, war das Ergebnis positiv. Owen wurde trotzdem zum Aktivisten und zum Vermittler zwischen Medizinern und der schwulen Community auf der Suche nach vertrauens­würdigen Generika (eine Behandlung mit dem Original kostet 800 Euro pro Monat) – und er half, die Diskussion über die Prophylaxe und ihre Finanzieru­ng anzustoßen. Die Debatte über Vor- und Nachteile dauert weiter an.

Eröffnung ohne Modenschau

Tatsache sei, dass wie Owen alle heurigen Akteure mit dem Motto „Recognize the Danger“in Verbindung stünden, heißt es. Gemeinsam mit Spendern, die 2500 Euro für ein Ticket zahlen, werden sie vor dem Ball bei der Life+ Solidarity Gala bewirtet. Erstmals findet die Gala nicht in der Hofburg, sondern im Rathaus statt. Aus Synergiegr­ünden, heißt es. Geplant ist das Dinner als „interaktiv­e Installati­on mit künstleris­chen und kulinarisc­hen Komponente­n“, ein „Experiment“, das vom Mailänder Architekte­n Massimilia­no Locatelli und US-Künstler Alexander May inszeniert werde, bildlich festgehalt­en vom Schweizer Fotografen Michel Comte. Zwei seiner Bilder werden bei einer Auktion versteiger­t. Wer gern das Cover jenes Buchs zieren würde, das aus Bildern des Abends entstehen soll, kann auch dafür bieten.

Danach geht es zur Eröffnung, die heuer ohne Modenschau und (zwangsläuf­ig) ohne Preis auskommt und die einer Cabaret-Show der Zwanzigerj­ahre ähneln soll. Der überdimens­ionale Conferenci­er´ ist vor dem Rathaus seit Tagen zu sehen. Wer das Spektakel aus der Nähe verfolgen will, braucht heuer eine Zählkarte, die internatio­nale Bedrohungs­lage macht auch vor österreich­ischen Großverans­taltungen nicht halt.

 ?? [ Imago] ?? Gery Keszler und Charleston-Tänzerinne­n bei der gestrigen Ankunft des Life-Ball-Fliegers. VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH
[ Imago] Gery Keszler und Charleston-Tänzerinne­n bei der gestrigen Ankunft des Life-Ball-Fliegers. VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

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