Ich packe in meinen Koffer . . .
K inder sind schon auch Gewohnheitstiere. Mit einer bestimmten Freundin spielt das Kind immer Detektive. Wenn eine andere Freundin zu Besuch ist, wird immer nach Griechenland verreist. Und zwar so richtig. Mit echten Koffern, Taschen und Sackerln. Faszinierend dabei ist, dass in die Vorbereitungen dieses VerreisenSpiels so enorm viel Zeit investiert wird, dass die Reise in den seltensten Fällen überhaupt angetreten werden kann, da die Freundin dann schon wieder abgeholt wird. Schwierig gestaltet sich die Abreise auch deswegen, weil es bei dem Spiel einen Vater und eine Mutter gibt, die Rolle des Vaters aber eindeutig die unbeliebtere ist, es also schon während des Packens zu Diskussionen kommt, wer nun diesen Part übernehmen muss. (Dass auch zwei Frauen sehr unproblematisch verreisen könnten, ist in der Kinderlogik nicht vorgesehen.)
Die gegenseitigen Anweisungen beginnen dabei stets mit den Worten „im Spiel“. Im Spiel ist das Kinderzimmer das Haus, in dem gepackt wird. Ab und zu gelingt es dieser kleinen Familie mit den großen Koffern tatsächlich, rechtzeitig zu packen, dann rumpelt sie mit Koffern, um den Hals gehängten Stofftaschen und den Kindern (den Puppen) Richtung Wohnzimmer. Im Spiel ist das nämlich das Flugzeug. Nähert sich diese voll bepackte Reisegruppe dem Check-in (im echten Leben würde das alles nie und nimmer als Handgepäck durchgehen), muss ich das Wohnzimmer verlassen, da ich an Bord nicht vorgesehen bin. Meistens halte ich mich dann im Schlafzimmer auf, dem Hotel. Da die Flugreise überdurchschnittlich lang dauert („Im Spiel ist es jetzt Nacht, und wir schlafen im Flieger.“„Nein, im Spiel ist noch Tag.“„Nein, im Spiel ist Abend.“), wird das Hotelzimmer so gut wie nie bezogen. Vom Hotel aus höre ich, dass Vater und Mutter schon im Flugzeug diskutieren. Oft geht es um die Kinder. „Nein, sie kann nicht auf meinem Schoß sitzen“, sagt das eine Kind. „Muss sie aber“, das andere. „Du wolltest die Kinder ja mitnehmen.“
Wenn Sie mich fragen, würde Vater und Mutter eine Reise a` deux ganz ohne Nachwuchs guttun. Aber ich darf ja nicht mitspielen.