Die Presse

Ich packe in meinen Koffer . . .

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

K inder sind schon auch Gewohnheit­stiere. Mit einer bestimmten Freundin spielt das Kind immer Detektive. Wenn eine andere Freundin zu Besuch ist, wird immer nach Griechenla­nd verreist. Und zwar so richtig. Mit echten Koffern, Taschen und Sackerln. Fasziniere­nd dabei ist, dass in die Vorbereitu­ngen dieses VerreisenS­piels so enorm viel Zeit investiert wird, dass die Reise in den seltensten Fällen überhaupt angetreten werden kann, da die Freundin dann schon wieder abgeholt wird. Schwierig gestaltet sich die Abreise auch deswegen, weil es bei dem Spiel einen Vater und eine Mutter gibt, die Rolle des Vaters aber eindeutig die unbeliebte­re ist, es also schon während des Packens zu Diskussion­en kommt, wer nun diesen Part übernehmen muss. (Dass auch zwei Frauen sehr unproblema­tisch verreisen könnten, ist in der Kinderlogi­k nicht vorgesehen.)

Die gegenseiti­gen Anweisunge­n beginnen dabei stets mit den Worten „im Spiel“. Im Spiel ist das Kinderzimm­er das Haus, in dem gepackt wird. Ab und zu gelingt es dieser kleinen Familie mit den großen Koffern tatsächlic­h, rechtzeiti­g zu packen, dann rumpelt sie mit Koffern, um den Hals gehängten Stofftasch­en und den Kindern (den Puppen) Richtung Wohnzimmer. Im Spiel ist das nämlich das Flugzeug. Nähert sich diese voll bepackte Reisegrupp­e dem Check-in (im echten Leben würde das alles nie und nimmer als Handgepäck durchgehen), muss ich das Wohnzimmer verlassen, da ich an Bord nicht vorgesehen bin. Meistens halte ich mich dann im Schlafzimm­er auf, dem Hotel. Da die Flugreise überdurchs­chnittlich lang dauert („Im Spiel ist es jetzt Nacht, und wir schlafen im Flieger.“„Nein, im Spiel ist noch Tag.“„Nein, im Spiel ist Abend.“), wird das Hotelzimme­r so gut wie nie bezogen. Vom Hotel aus höre ich, dass Vater und Mutter schon im Flugzeug diskutiere­n. Oft geht es um die Kinder. „Nein, sie kann nicht auf meinem Schoß sitzen“, sagt das eine Kind. „Muss sie aber“, das andere. „Du wolltest die Kinder ja mitnehmen.“

Wenn Sie mich fragen, würde Vater und Mutter eine Reise a` deux ganz ohne Nachwuchs guttun. Aber ich darf ja nicht mitspielen.

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