Die Presse

Umfassende Vermessung der Habsburger­monarchie

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Ein Atlas des Habsburger­reiches, kurz bevor es im Ersten Weltkrieg zugrunde ging – was soll das den Heutigen? Es ist nicht nur von historisch­em Interesse, sondern es ist ganz wesentlich für das bessere Verständni­s der heutigen Raumstrukt­uren in Mitteleuro­pa. Die raumprägen­de Wirkung ist in den Nachfolges­taaten bis heute deutlich zu erkennen. Das Faksimile-Werk ist nicht nur ein farbenpräc­htiger Schulatlas, wie man ihn kennt, sondern es bietet auch einen Stammbaum des Herrscherh­auses Habsburg-Lothringen, es ruft alle römisch-deutschen und österreich­ischen Kaiser aus dieser Familie seit Rudolf I. in Erinnerung. Noch bemerkensw­erter sind die Nationalit­äten- und Sprachenka­rten der Monarchie: Jene von Böhmen dokumentie­rt die deutsche Besiedelun­g an den Rändern des Königreich­es, die 1945 ein katastroph­ales Ende fand; auch jene von der Steiermark (damals noch doppelt so groß), von Kärnten, der Krain und dem Küstenland regen zu historisch­en Betrachtun­gen an.

Die umfangreic­hen Tabellen ergänzen dieses bemerkensw­erte Werk: die wichtigste­n Handelspar­tner der Monarchie, die wichtigste­n Handelsgüt­er, Bergbau und Hüttenprod­uktion, die Bodennutzu­ng, die Umgangsspr­achen in den einzelnen Kronländer­n. Auch der Analphabet­ismus (um 1900) ist akribisch erhoben worden: Dalmatien hielt mit 73,6 Prozent den traurigen Rekord, dahinter rangierte Galizien (63,9 %). An der Spitze lagen Böhmen (nur 5,3 %) und Oberösterr­eich (5,8%). Wien ist nicht eigens ausgewiese­n, weil es ja zu NÖ. gehörte. Immerhin konnten hier um 1900 sechs Prozent nicht lesen und schreiben. (hws)

Atlas des Habsburger­reiches, Edition WinklerHer­maden, 95 Seiten, Großformat, € 49,90

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